63. Ausgabe, 4. Quartal 2016

Wasserburg Roßlau: wenig beachtet, aber voller Überraschungen

Seit der Wende kümmert sich ein Verein liebevoll um dieses Kleinod

An der B187 kurz vor Coswig versteckt  sich in einem Park ein kleines Schmuckstück: die Wasserburg von Roßlau. Der Bau hat weder einen Turm noch hohe Zinnen und ist deshalb kaum zu sehen. Aber wer hier einen Moment verweilt und sich umschaut, kommt ins Staunen. Wenn Sie dann – bevor Kaffee und Kuchen serviert werden – auch noch den Chef der Ritterklause zu einer Führung überreden können, werden Sie begeistert sein

Wann die Wasserburg Roßlau tatsächlich gebaut wurde, kann bis heute niemand genau sagen. Zwar zeigen Funde aus dem 9. bis 13. Jahrhundert eine durchgehende Besiedlung des  Burgareals. Auch, dass bereits 1200 ein gewaltiger Bergfried errichtet wurde, ist unbestritten. Fest steht ebenfalls, dass die Familie von Albertus de Rozelowe als Burgerbauer gilt, der Name wird 1215 zum ersten Mal erwähnt. Und „Rozelowe dat hus“ wird schriftlich erstmals 1358 erwähnt:  Am 4. Februar verkauften die Lindauer Grafenbrüder Albrecht, Günter und Ulrich die Burg an die Fürsten Albrecht II. und Waldemar I. von Anhalt. 

Geplündert und verwüstet

Bis 1626 passierte nicht viel mit der Burg: Sie diente bis dahin immer wieder mal als Fürstenresidenz und wurde eine Zeitlang als Ökonomieamt (Domäne) genutzt. Am 25. April 1626 aber wütete der Dreißigjährige Krieg auch in Dessau. Seit dem Winter hatte  Wallenstein (1583-1634) an der Elbbrücke ein riesiges Lager aufgeschlagen und eine kleine Festung errichtet. Er wartete auf die Truppen von Graf Peter Ernst II. von Mansfeld (1580-1626), die von Brandenburg Richtung Magdeburg zogen.  Dorthin kamen sie aber nicht, denn in Dessau wurde das Heer von Wallenstein geschlagen. Die Burg wurde von den siegreichen Soldaten geplündert, zerstört und in Brand gesteckt.  17 Jahre  später wurde im Auftrag der Baronin von Metzsch die Burg noch einmal wieder aufgebaut. Anfang des 19.  Jahrhunderts war die Burg nur noch eine Ruine.  Damit nicht genug: 1825 legte ein Brandstifter die Kuhställe in Schutt und Asche. 1836 erfolgte durch  Herzog Heinrich von Anhalt-Köthen eine grundlegende Sanierung. Doch bereits 1871 sorgte ein weiterer Brand für verheerende Zerstörungen, sodass viele Gebäude abgerissen werden mussten. Mit Ende des Zweiten Weltkrieges 1945 wurde die Burg bis Ende des Jahres ein Gefängnis unter russischer Kommandantur. Bis 1986 gab es insgesamt acht Wohnungen, die dem Komfort der Neuzeit entsprachen. Der Umbau bedeutete auch große Veränderungen in den Stockwerken. Dann, zehn Jahre nach der Wende und weiterem Verfall, gründete sich der Förderverein Burg Roßlau e.V. , der es sich auf die Fahnen geschrieben hat, das Areal des Schlosses in ein attraktives Ausflugsgebiet zu verwandeln. Das klappte nur, indem umfangreiche Sanierungsmaßnahmen vorgenommen und interessante Veranstaltungen angeboten werden. Aber der Reihe nach: Seit 2002 hat sich der Verein intensiv um die Sanierung der Räumlichkeiten und des Gebäudes  bemüht. Alte Kamine und Fenster wurden gesichert und aufgearbeitet. Das Dach ist komplett neu gedeckt, Fachwerk freigelegt und erneuert. Holzbohlen in den Treppen ersetzt, Mauern getrocknet, der Innenhof neu gepflastert.  In einem Bereich der Wasserburg, der während des Krieges als Bunker genutzt wurde, entstand die Ritterklause. Die Fassaden wurden saniert, verputzt und mit frischer Farbe versehen. Bis heute sind in der Burg Millionen Euro – aus Fördermitteln, Spenden und durch Eigenleistung – verbaut worden und haben die Ruine zu einem Schmuckstück gemacht. Dabei wurden wieder spektakuläre, historische  Funde gemacht. Zum Beispiel 2005, als ein sogenannter Treuering entdeckt wurde: ein goldener Ring mit einem Handschlag als Symbol der Treue. Er kann heute in Roßlau als Replikat gekauft werden.

© Thomas Pfundtner

Neue Küche, neues Fachwerk

In den letzten Monaten haben sich die Mitglieder des Fördervereins mit der Sanierung von einigen Räumen neben der alten Halle befasst: Hier wurde das Fachwerk freigelegt, ein neuer Tresen sowie zahlreiche Sitzgelegenheiten gebaut. „Es soll ein neuer Treffpunkt für unsere Gäste bei Veranstaltungen oder Besuchen werden“,  sagt  der Ritterklausen-Betreiber. Im ersten Stock, da wo früher die Wohnungen waren, wartet auch noch viel Arbeit für den Verein. „Hier wurde alles umgebaut, um die Räume wohnlich zu gestalten und den optimalen Platz für die Wohnungen zu bekommen“, sagt Torsten Vollert. Noch sieht hier alles runtergekommen und dringend sanierungsbedürftig aus. Doch, wer dann aber an ein Fenster tritt und den atemberaubenden Blick über den Park und die Rossel genießt, spürt: Hier wurde jeder Euro sinnvoll investiert. Gastwirt Torsten Vollert ist gern bereit, Gäste durch die Wasserburg zu führen – wirklich eine lohnenswerte und lehrreiche Führung. Besonders am Schluss, wenn es um die Tür der Ritterklause und die Roßlauer Sahne, einem leckeren Likör, geht.

Transparente Renovierungen

Sicher, der Verein bekommt viele Fördermittel in Millionenhöhe, aber durch zahlreiche Veranstaltungen, Aktionen und Spenden sammeln die Mitglieder auch selber jedes Jahr viel Geld ein, um die weitere Sanierung des Blankenburger Schlosses fortführen zu können. Alles geht in kleinen Schritten vor sich. Alle Arbeiten werden ausgeschrieben und transparent gemacht. Derzeit werden zahlreiche Lose für das Projekt „Dach Alter Flügel“ ausgeschrieben. Im September sollen die Arbeiten, die sich über mehrere Jahre hinziehen werden, beginnen.
 
Wer sich einen Eindruck verschaffen möchte, was der Verein bisher erreicht hat, sollte unbedingt eine Führung mit einem der netten Vereinsmitglieder (wir wurden von einer charmanten, älteren Dame herumgeführt) unternehmen. Diese finden von März bis Mitte Dezember an jedem Sonnabend zwischen 14 und 16 Uhr statt. Dabei geht es treppauf und treppab, durch große, prachtvolle Räume. Zwar sind viele Räume aus baulichen Gründen derzeit noch nicht zugänglich, dennoch geht die Führung durch repräsentative Räume, wie den Grauen Saal, das Theater mit den vergoldeten Kapitellen, die Schlosskapelle mit dem hohen Kreuzgewölbe oder den Kaisersaal mit Stuckarbeiten des Bildhauers Jakob Perinetti. Nicht zu vergessen der Rittersaal mit seinen illusionistischen Wandmalereien aus dem 19. Jahrhundert. In jedem Abschnitt der Führungen werden Sie an den Prunk und die Pracht der vergangenen Jahrhunderte erinnert, erhalten zusätzlich interessante Informationen zur Geschichte und Architektur des Schlosses. Zum Beispiel, wie die Beheizung dieser riesigen Räume erfolgte. Warum gab es große, offene Kamine und in anderen Räumen nur herrlich anzusehende Kachelöfen?

Lassen Sie sich überraschen und schauen doch einfach mal auf der Wasserburg  vorbei. Es lohnt sich, ehrlich!

Autor: Thomas Pfundtner

INFOS

Am Schloßgarten 18b
06862 Dessau-Roßlau

info@burgrosslau.de
www.burgrosslau.de

FÖRDERVEREIN
Vorsitzender: Peter Hahne
Telefon: 034901 85441

WISSENSWERTES
Park und Wasserburg können immer besucht werden. Allerdings hat die Ritterklause nur am Wochenende geöffnet.
Das auf dem Gelände stehende ehemalige Jagdschloss wurde ebenfalls saniert und ist jetzt vermietet.
An den Park schließt sich das BUND-Projekt Zukunftswald 2000 an. Ebenfalls sehenswert.

Anfahrt

Aus Halle: A 9 Richtung Berlin, bis zur Abfahrt Coswig.
Auf die B187 Richtung Zerbst, Abfahrt Roßlau. Immer der B187 folgen bis die Burg ausgeschildert ist.

Aus Magdeburg: Über die B1 Richtung Biederitz. Dann rechts auf die B184 durch Heyrothsberge. Gut 50 Kilometer der Straße folgen. Danach auf die B187 und der Beschilderung folgen.