64. Ausgabe, 1. Quartal 2017

Von alten Gewohnheiten trennen

Viele Verwaltungsprozesse könnten nach geltendem Recht vollständig elektronisch abgewickelt werden, andere bedürfen rechtlicher Anpassungen. Das stellt Vitako, die Bundes-Arbeitsgemeinschaft der Kommunalen IT-Dienstleister, in ihrem Positionspapier „Sparen mit E-Government – Ergebnisse des Projekts Negativliste“ fest.

Notwendig sei, dass sich Verwaltungen von lieb gewonnenen Gewohnheiten trennten. Im Klartext erfordert das bei einigen Verwaltungsprozessen den Verzicht auf Unterschriften und eine Identitätsprüfung ebenso wie den Verzicht auf persönliche Vorsprache bei der Antragstellung; notwendig sind die Verwendung elektronischer Formulare und die Möglichkeit des elektronischen Bezahlens, eine Upload-Möglichkeit für erforderliche Nachweise oder die Beschaffung von Nachweisen durch die Behörden untereinander.

Vitako macht Gewohnheit, Unwissenheit, Unsicherheit und Angst vor mangelnder Rechtsverbindlichkeit als Hemmnisse bei der Weiterentwicklung und Umsetzung von E-Government aus. Dabei ließe sich mit Online-Services erheblich Geld sparen: Zum Beispiel würde die Verwendung elektronischer Formulare und die Möglichkeit des elektronischen Bezahlens die „Anhörung bei Ordnungswidrigkeitsverfahren“ beschleunigen; eine kontextbezogene Identifikation mit dem Aktenzeichen des Bußgeldvorganges in einem elektronischen Formular würde vollkommen ausreichen, befindet Vitako und hat eine mögliche Kostenersparnis von knapp 27 Prozent für diesen Verwaltungsprozess errechnet.

Es scheint sinnvoller, auf einen gemeinsamen Datenbestand zuzugreifen, als jedes Mal bereits erhobene Daten neu zu erfassen und dafür Nachweise erneut einzufordern, heißt es im Vitako-Papier. Für die „Sondernutzung Parkerleichterung“ muss der Antragsteller etliche Nachweise beibringen: Kopien der Gewerbeanmeldung, Handwerkskarte und die Zulassungen der Fahrzeuge. Mit einer Upload-Möglichkeit für die Nachweise ließen sich die Kosten um knapp 75 Prozent senken, heißt es im Positionspapier.

Insgesamt könnten sieben der zehn von Vitako untersuchten Top-Leistungen für Unternehmen und Bürger nach geltendem Recht vollständig elektronisch und damit schneller und kostengünstiger abgewickelt werden. Für einige andere Bereiche wären rechtliche Anpassungen notwendig. So könnte der Prozess „Wohnsitz anmelden“ kundenfreundlicher gestaltet werden, wenn Ummeldung und Änderung der Adressdaten auf dem Ausweis entkoppelt würden. Dazu müssten die Adressdaten nicht wie bisher auf dem Chip des Personalausweises gespeichert werden, sondern die Meldebehörde könnte nach elektronischer Ummeldung dem Meldepflichtigen einen Adressaufkleber zuschicken, den er selbst auf den Ausweis aufklebt. Der Prozess „Geburtsurkunde“ könnte auch im Urkundenportal noch effizienter gestaltet werden, wenn es elektronische Register-Bescheinigungen gäbe, die elektronisch zugestellt werden können. Dazu müssten bestehende Rechtsnormen überdacht und an die fortschreitende Digitalisierung von Staat und Gesellschaft angepasst werden, so die Vordenker aus dem Zirkel der Kommunalen IT-Dienstleister. bek

Autor: bek