
57. Ausgabe, 2. Quartal 2015
Hexenverbrennungen, Museum, Verpfändungen
Einst diente die Wasserburg Egeln dem Schutz von Handwerkern und Händlern. Später wurde sie verpfändet und war Schauplatz zahlreicher Hexenprozesse. Nach dem Zweiten Weltkrieg verfiel die mächtige Anlage immer mehr. Bis ein Uhrmacher mit einer pfiffigen Idee den Verfall stoppte. Heute finden auf der Burg zahlreiche Veranstaltungen statt. Museum, historisches Café und Übernachtungen wie im Mittelalter garantieren einen spannenden Aufenthalt.
Mächtig ragt der Burgturm über Egeln hinaus. Im Hunnengraben rund um die Anlage plätschert das Wasser. Auf der Bogenschießanlage übt der Förderverein Wasserburg für die nächste Veranstaltung. Im Museum staunen Besucher über mehr als 5.000 Jahre alte Skelette, die hier gefunden wurden. Noch vor einigen Jahrzehnten war die Wasserburg Egeln vom Verfall bedroht. Sogar der Burggraben sollte mit Bauschutt verfüllt werden.

Uhrmacher rettet die Burg
Doch dagegen machte der Egelner Uhrmacher Hans Grube mobil. Er gründete die „Aktion Wasserburg“, dank der nicht nur der Burggraben erhalten blieb, sondern auch der Bergfried und das Torhaus saniert wurden. Seit 1995 gehört die Burg der Stadt Egeln und sukzessive wird seitdem für viele Millionen Euro die gesamte Burganlage saniert.
Erstmalig wurde 941 ein Kastell als Schutz der Furt durch die Bode erwähnt, an der die Heerstraßen aus Erfurt, Quedlinburg und Goslar zusammentrafen. Später musste das Kastell einer größeren Schutzanlage – der Wasserburg zu Egeln – weichen, da sich immer mehr Handwerker und Händler hier ansiedelten und Schutz benötigten. Knapp hundert Jahre später, 1250, werden Egeln und die Burg von den Edlen von Hadmersleben erobert. 166 Jahre herrschen die neuen Herren über Land und Leute, dann stirbt die Linie aus und alles fällt an den Grafen von Barby.
An die Kirche verpfändet
Später muss der Graf die Anlage an das Magdeburger Domkapitel verpfänden, er konnte die Schuld nie bezahlen. Ab 1430 begann die Kirche mit großen Umbaumaßnahmen: Scheunen und Ställe entstanden, die Oberburg wurde in ein Schloss verwandelt. 1612 erreichte die Hexenverfolgung auch Egeln. In der Burg fanden die Prozesse gegen Frauen statt. Als erste standen zwei Frauen aus Tarthun vor den Richtern und wurden „gerechtfertigt“. Das bedeutete, die Frauen waren der Hexerei überführt und wurden nun verbrannt und decolliert (enthauptet). Die Prozesswelle rollte weiter – unter der Folter hatten Anna und Mette fünf weitere Frauen der Hexerei bezichtigt. Sie wurden verhaftet und gefoltert. Das beanspruchte den örtlichen Scharfrichter so sehr, dass die Magdeburger Kirche ihren Scharfrichter als Verstärkung nach Egeln entsandte. Übrigens: Das Gefängnis im Turm und die Folterkammer sind heute noch zu sehen.

Verschenkt an den Generalfeldmarschall
Der Dreißigjährige Krieg (1618 - 1648) macht auch vor Egeln und der Burg nicht Halt: Erst erreicht die Pest die Region, dann, 1630, wird Egeln erobert und geplündert. König Gustav Adolf von Schweden kommt zu spät, um das Brandschatzen und Morden der Truppen von Wallenstein und Tilly zu verhindern. Aber dadurch blieben Schloss und Ort weitestgehend von weiteren Überfällen verschont, denn der König schenkt alles seinem Generalfeldmarschall Johan Gustavson Banér, der sich in vielen Schlachten bewährt hatte. Dieser hielt auch tatsächlich die nächsten Jahre in Egeln samt seiner Frau und den beiden Kindern Hof. Das hatte zur Folge, dass der Besitz von den schwedischen Truppen, die hier gegen die Kaiserlichen kämpften, verschont blieb.
... und dann kam Napoleon
Am 20. Juni 1806 raubten, plünderten und zerstörten Napoleons Truppen Egeln und Umgebung. Gerade hatten sie bei Jena und Auerstädt die preußischen Heere vernichtend geschlagen und nahmen sich nun ihren Lohn. Allein in Egeln 35.000 Taler. Später mussten die Egelner Bürger unendlich hohe Steuern zahlen, um Napoleons Kriege mitzufinanzieren.
Noch ein interessantes Datum: Gut zwei Jahre nach Napoleons Niederlage bei Waterloo, verlobt sich am 18. Mai 1817 der Großvater des späteren Bauhausgründers, Carl Gropius, mit Berta Wahnschaffe, Tochter der damaligen Egelner Amtsfrau Friederike.

Kultur pur auf der Wasserburg
Zu DDR-Zeiten wurde die Domäne ein volkseigenes Gut. Außerdem wurden die Baumschulen erweitert und mit der Zucht von Rosen begonnen. Nach der Wende kam wieder Hans Grube ins Spiel. Dank der „Aktion Wasserburg“ hatte er schon viel bewegt. Damals überzeugte er die Stadt, die Burg für eine Mark von der Treuhand zu erwerben, um sie zu sanieren und ihr neues, kulturelles Leben einzuhauchen. Das gelang: Heute ist die Wasserburg Egeln weitestgehend saniert und ein Schmuckstück. Mittlerweile gibt es hier ein sehenswertes Museum für Frühgeschichte und eine Töpferstube. Nicht zu vergessen, das schmucke, kleine historische Café.
Eine Burgmannstube und ein Backhaus sollen auch noch entstehen. Und natürlich gibt es auf der Burg Egeln die unterschiedlichsten kulturellen Veranstaltungen – vom Burgfest, über Brauchtumsfeuer oder Open-Air-Konzerten ist etwas für jeden Geschmack dabei.
Autor: Thomas Pfundtner
Infos
Wasserburg Egeln
Wasserburg 6
39435 Egeln
HISTORISCHES Café
Jeden Sonntag von 14.30-17 Uhr geöffnet. Für Gruppen ab 8 Personen wird auch an anderen Tagen nach Vorbestellung geöffnet. Es gibt vier Gästezimmer, die nach den gesellschaftlichen Schichten der ehemaligen Bewohner gestaltet sind.
Tel.: 039268 30861
E-Mail: burgherberge-egeln@freenet.de
MUSEUM
Di.-Fr. von 14-16 Uhr, So. von 14-17 Uhr geöffnet.
Tel.: 039268 32194
E-Mail: museum_egeln@email.de