4. Ausgabe 2022 | Nr. 87

Homo Digitalis muss bezahlen!

Wie würde Ihr Leben ohne Geld aussehen?
Gruselig, oder?

„Willst du wissen, wie sich Geld anhört?
Gehen Sie zu einem Parkett an der Wall Street.”

Jordan Belfort, „The Wolf of Wall Street“, Film, 2013

Tausch <-> Handel:
Die Welt vor dem Geld

Circa. 10.000 v. Chr.: Die Erfindung des Game Boys liegt in unendlicher Ferne und anstelle von Röhrenjeans trägt Homo sapiens maßgeschneiderte Tierfelle für untenrum. Pfeil & Bogen ist gerade der neue Trend bei der Jagd. Fleischbeute und Waldbeerchen fürs Birchermüsli werden in der Gruppe aufgeteilt  ob gleichmäßig wissen wir nicht. Irgendjemandem geht das ständige Umziehen nach dem Jagen & Sammeln auf den Keks  Homo sapiens wird sesshaft. Das passiert je nach Lebensmittelpunkt mal früher und mal später, aber es passiert. Mit dem Bezug komfortabler Eigentumshöhlen und Reihenzeltsiedlungen verändert sich die Lebensweise. Landwirtschaft etabliert sich, Viehhaltung ist ein Thema, und auch wenn es noch kein Wort dafür gibt, spielt Überschuss eine Rolle bei der künftigen Verteilung. Landwirtschaft wirft mehr Kartoffeln ab, als die eigene Clique essen kann. Im Umkehrschluss hat man dann vielleicht keine Zeit mehr, um Messer oder Spielzeuge zu basteln. Homo sapiens beginnt zu tauschen. Das funktionierte über viele Jahr(tausend)e den Umständen entsprechend gut  den richtigen Gegenwert zu ermitteln, bleibt aber vermutlich ein Problem. Also sucht man sich irgendwann Tauschmittel, z. B. hübsche Muscheln, haltbare Lebensmittel (etwa Kakaobohnen), Feuerholz oder auch Nutzvieh.

Ab 650 v. Chr. verbreitet sich zunehmend das Münzgeld als Zahlungsmittel.

Im 15. Jhd. kommt Papiergeld dazu.

Ab 1991 können die Deutschen mit EC-Karte und Pin bargeldlos bezahlen.

Im Jahr 2000 betritt der OnlineBezahldienst PayPal die Weltbühne. Zwanzig Jahre später titeln zahlreiche Blätter über die Schuldenfalle PayPal und monieren die Pump-Mentalität der Deutschen.

Toll, danke.

Finanz <-> System:
Der Weg des Geldes

Im einfachen Wirtschaftskreislauf gehen Menschen arbeiten -> erhalten dafür Geld -> geben das Geld für Waren und Dienstleistungen aus -> unterstützen damit das Wachstum von Unternehmen -> die daraufhin Menschen einstellen (und abseits der WM auch bezahlen) -> ... und von vorne.

In der Realität ist dieses System dermaßen kompliziert, dass es ein Studium, drei Berater, vier Chai-Latte und sechs Erklärstücke auf ARTE bräuchte, um auch nur im Ansatz zu verstehen, welchen Weg das Geld wirklich nimmt und warum das Bankensystem Fluch und Segen zugleich ist. Auch der Autor dieses Textes ist kein Sparstrumpf-Aficionado, überlegt nun aber, sein Geld einfach gewinnbringend unter dem Kopfkissen zu verstauen  mit Brief an die Zahnfee.

Dreh- und Angelpunkt vieler Diskussionen ist das zentrale Bankenwesen: Misswirtschaft, Bankenkrisen, Kreditpoker, Cum-Cum, Cum-Ex, Experten, Leitzins, Leidzins, Neidzins, Data Driven Banking  und am Ende Oma Gerda, die ihren Enkeln die Geldscheine in Silberpapier einwickelt.

Gibt es da (k)eine Alternative?

Krypto <-> Währung:
Satoshi Nakamoto und das DeFi

Das dezentrale Finanzsystem (DeFi) ist, je nach Quelle, der digitale Heilsbringer der Finanzwelt des 21. Jahrhunderts oder Hexenwerk. Kryptowährungen wie Bitcoin und Ether sind anonym, sicher, unabhängig und (im Prinzip) nicht manipulierbar. Grund dafür ist die Blockchain.

Kurzfassung: Die Blockchain-Technologie ist ein dezentrales Datenmanagementsystem. Jede Aktion bzw. jede Transaktion wird als verschlüsselter Datenblock an die so entstehende Kette, die Chain, geheftet. Diese Kette liegt nicht auf einem zentralen Server, sondern auf allen Rechnern im Blockchain-Netzwerk. Transaktionen müssen vor Durchführung von allen Rechnern bestätigt werden. Danach wird die Kette um diese Transaktion erweitert  wieder auf allen Rechnern. Dadurch ist jede Aktion nachvollziehbar und de facto nicht manipulierbar. Warum? Es würde nicht reichen, nur die Datensätze auf einem einzigen Rechner zu manipulieren, da sich die Datensätze ein und derselben Blockchain widersprechen würden  Fehlermeldung inklusive.

Ideen für solche Systeme gehen zurück in die 1990er. Handfest wird es im Jahre 2008. Ein Phantom (bis heute) mit dem Alias Satoshi Nakamoto veröffentlicht ein Dokument mit dem Titel Bitcoin: A Peer-to-Peer Electronic Cash System. Inhalt: Ein Aufsatz über eine verschlüsselte Digital-Währung namens Bitcoin, die dezentralisiert funktioniert, nachvollziehbar ist und vor allem Intermediäre wie Banken, PayPal etc. umgeht.

Stand 2022 existieren rund 9400 verschiedene und nutzbare Kryptowährungen. Es dürfte nur eine Frage der Zeit sein, bis Oma Gerda ihren Kindern den Code zu ihrem Bitcoin-Wallet in Silberpapier einwickelt. Ausgehend von der Volatilität von Kryptowährungen ist der Coin dann vielleicht 65.000 Euro wert oder 3.000 Euro.

Kassen <-> Sturz:
Die Welt nach dem Geld

Aber was wäre, wenn man wieder zum Tauschhandel zurückkehrt? Oder überhaupt erst einmal auf Geld verzichte? Bei der Suche nach vorzeigbaren Beispielen zeigt sich, dass selbst vermeintliche Aussteiger und autarke Höfe sich nur bedingt vom Geld lösen (können). Man verkauft Lebensmittel und Dienstleistungen, um etwa Solaranlagen für warmes Wasser und Strom zu erstehen. Das Konzept einer Welt nach dem Geld würde erst funktionieren, wenn alle Glieder des verketteten Wirtschaftskreislaufs auf Geld verzichten würden  und damit auf einen erheblichen Teil des kapitalistischen Wohlstands. Das bedeutet also entweder Ansprüche runterfahren oder Arbeit hochfahren. Denn in diesem Gedanken lebt entweder jeder in Saus und Braus oder niemand. Arbeitskraft würde also erst einmal nach Bedarf verteilt werden. Genug Solarmodule gebaut, dann ab aufs Feld. Klingt übertrieben? Ist es auch. Das sehr reelle Projekt Die Gesellschaft nach dem Geld  eine Simulation stellt sich tatsächlich die Frage nach den Anforderungen an so eine Gesellschaft.

Ein anderer Ansatz denkt sich die Gesellschaft als humane Ameisenfarm. Geld spielt da keine Rolle mehr. Algorithmen und Big Data berechnen dann, was der Nutzer gerne hätte, was die Gemeinschaft gerade braucht und matcht diese Faktoren.

Autor: Ich hätte gerne eine große Nudelsuppe, ich habe Hunger. App: Gerne. Schreiben Sie dafür einen Artikel zum Thema Geld für das Magazin Server? Autor: ¥ € $

Autor: Robert Gryczke

Quellen: Der Standard, „Eine Welt ohne Geld“ vom 27.10.2020; Planet-Wissen.de, „Jungsteinzeit“, abgerufen
am 23.11.2022; Kinder.WDR.de, „Wer …“, abgerufen am 23.11.2022; DB.com, „Das Finanz…“, PDF, abgerufen
am 23.11.2022; Feingoldhandel.de, „Die Entwicklung …“, abgerufen am 23.11.2022; KAS.de, „Wie stabil …“ vom
28.09.2020; Bankenverband.de, „In 50 Jahren …“, vom 18.01.2018; ZDF.de, „Worauf …“ vom 22.11.2022; mobilebanking.de, „PayPal …“, abgerufen am 23.11.2022; N26.com, „Vor…“ vom 14.09.2022; BitConsult.ch, „Geldraub …“
vom 30.01.2021; Der-Bank-Blog.de, „Datenschutz …“, abgerufen am 23.11.2022; AHD.de, „Was ist …“, abgerufen
am 23.11.2022; Computerwoche.de, „Blockchain …“ vom 19.02.2022; Macwelt.de, „Sechs …“ vom 05.09.2017;
FAZ.net, „Der geheimnisvolle …“ vom 09.01.2021; PDF „Bitcoin …“, abgerufen am 23.11.2022; Bitcoin.org, abgerufen am 23.11.2022; De.Statista.com, „Anzahl …“, abgerufen am 23.11.2022; Zeit.de, „Vision DB.com, „Das Finanz
…“ vom 17.09.2018