
80. Ausgabe, 1. Quartal 2021
E-Learning: Moodle, Google Classroom & Co.
Digitale Lernplattformen im Überblick
Hausaufgaben verteilen, abgeben, kontrollieren, auswerten – alles digital. Können E-Learning-Plattformen wie Moodle die Präsenzveranstaltungen in Schule und Studium ersetzen? Welche Alternativen gibt es zu Moodle? Und was muss so eine Plattform überhaupt können? Ein Überblick.
Anno 2021 ist die Frage, ob Schulen oder Unis mit einer E-Learning-Plattform arbeiten, eigentlich obsolet. Die Frage ist, was sie können muss, so eine Lernplattform. Dafür hilft ein Blick auf große Player und Platzhirsche.

Basics: Learning-Management-System, eine digitale Lernumgebung
Learning-Management-Systeme, kurz LMS, sind Content-Management-Systeme und sollen eine interaktive Lernumgebung generieren. Plattformen wie Moodle bieten dafür eigentlich die volle Bandbreite für Unterrichtsvor- und -nachbereitung sowie die eigentliche Beschulung in digitaler Präsenz. In der Theorie könnte Professor Mustermensch also seine Vorlesung via Videokonferenz abhalten; dabei mit einem Klick die Anwesenheitsliste abspeichern. Während der Vorlesung kann er unkompliziert Inhalte wie Videos und Präsentationen mit den Studierenden teilen. Anschließend haben die Studierenden über das LMS Zugriff auf Zusammenfassungen, Präsentationen und Literaturlisten, die Professor Mustermensch für den Kurs hinterlegt hat. Hausarbeiten oder andere Leistungserbringungen laden die Studierenden direkt über die Plattform hoch. Professor Mustermensch könnte vorher übrigens eine Abgabefrist einrichten. Feedback zur Hausarbeit kann Professor Mustermensch ebenfalls direkt auf der Plattform abgeben. Austausch über die Studieninhalte findet über die inkludierte Chatfunktion statt.
Eine Idealvorstellung, die oft schon daran scheitert, dass Schulen und Unis nicht den vollen Umfang der Möglichkeiten ausschöpfen, also etwa Lizenzen für Videokonferenzdienste wie Zoom einkaufen, anstelle das vorhandene LMS upzugraden. Dass Deutschlands Versorgung mit schnellem Internet auch 2021 Gegenstand von Debatten ist und nicht einfach eine Tatsache, steht bisweilen natürlich auch den Möglichkeiten von Homeschooling und E-Learning im Wege.
Moodle: der Open-Source-Vorreiter
Der australische Informatiker und Pädagoge Martin Dougiamas beginnt 1999 mit dem Aufbau der Lernplattform Moodle (Modular Object-Oriented Dynamic Learning Environment; modulare objektorientierte dynamische Lernumgebung), die sich vor allem durch Interaktionsmöglichkeit von bisherigen Plattformen unterscheidet, welche vor allem Lernmaterialien zum Download bereitstellen. Das Open-Source-System findet schnell Verbreitung. Stand 2021 hat Moodle weltweit über 252 Millionen Nutzer in 242 Ländern. Die Nutzung selbst ist kostenlos. Moodle finanziert sich über Provisionen von Moodle-Partnerunternehmen, die zum Beispiel im Auftrag von Schulen und Universitäten deren Moodle-Systeme warten.
Google Classroom: das LMS in der Light-Variante
Google Class ist gratis, die Daten sollen nicht für Werbezwecke genutzt werden und die Handhabung ist denkbar einfach, vor allem für Menschen, die schon andere Google-Produkte (Drive, Mail etc.) nutzen. Kann es mit Moodle & Co. mithalten? Nein. Muss es aber auch nicht. Wieviele Lehrkörper nutzen den vollen Funktionsumfang teurer LMS? Genau. Über Google Class können Dateien geteilt werden, über Hangout können Videocalls realisiert werden und Eltern oder betreuende Personen können automatisiert per Mail informiert werden – bei fehlenden Hausaufgaben, etc. Maximale Überwachung: typisch Google.
Canvas & Co.: die Platzhirsche
Während Moodle vor allem wegen seiner etablierten Struktur Marktführer ist und Google Class einfach seine sowieso vorhandene Infrastruktur nutzt, gibt es natürlich auch Unternehmen, die sich kommerziell auf LMS für Schulsysteme spezialisiert haben. Ist nicht selbstverständlich, denn bei zahlreichen LMS-Anbietern geht es vor allem um Schulungen in Unternehmenskontexten. Anbieter wie Canvas bieten strukturierte und vorgefertigte Software, deren Bezahlmodell meistens nach Nutzern abrechnet. Mehr Schüler, mehr Geld – leuchtet ein. Experten des Anbieters beraten und helfen bei der Einrichtung des Systems. Bei Moodle übernehmen diese Aufgabe oft externe Firmen. Ob das nun alles in allem dann wirklich günstiger ist? Bei direktem Vergleich sind Anbieter wie Canvas weniger oft von Datenlecks und Hackerangriffen betroffen und bieten Anwendungen, die für Desktop, Smartphone und Tablet optimiert sind. Heutzutage ja auch nicht ganz unwichtig.
Fazit: Bedarfsermittlung, das A und O
Anbieter für LMS gibt es zahlreiche. Das ‚Problem‘: Die wenigsten sind wirklich für den Einsatz in Schulen und Hochschulen gedacht, sondern decken eher den Bedarf für Erwachsenen- und Weiterbildung. E-Learning ist Realität und damit sind LMS ein entscheidender Faktor für Bildungseinrichtungen. Moodle hat unter allen LMS-Anbietern einen entscheidenden Vorteil: Es ist bekannt. Nutzung, Einrichtung und Ausbau wird teilweise von den Bundesländern gefördert. Ein Blick nach links und rechts kann trotzdem nicht schaden.
Autor: Robert Gryczke