84. Ausgabe, 1. Quartal 2022

Kooperative OZG-Umsetzung in Sachsen-Anhalt

Das Onlinezugangsgesetz setzt Kommunen im ganzen Land mittlerweile unter Zugzwang, ihre Dienstleistungen für die Bürgerinnen und Bürger auch auf digitalem Wege anzubieten. Einige Kommunen können das schon ganz gut, andere haben noch erheblichen Nachholbedarf, wie Jan Petereit von der KITU weiß. Damit nicht jede Kommune allein jede Dienstleistung gänzlich neu digitalisieren muss, soll EfA entstehen. Die Abkürzung steht für „Einer für Alle“, und die Anlehnung an den Wahlspruch der Musketiere „Einer für alle, alle für einen“ klingt mit. Gemeint ist damit, dass bestimmte Dienstleistungen wie zum Beispiel die Ausstellung einer Geburtsurkunde einmalig digitalisiert werden und dieser digitale Prozess dann über eine EfA-Plattform allen Kommunen zur Nachnutzung zu Verfügung gestellt wird. Aktuell müssen sich allerdings die Kommunen selbst durch den Dschungel an Dienstleistungen arbeiten, geplant ist, dass sie über die KITU schon die passenden Angebote vorsortiert bekommen.

Jan Petereit, Beauftragter des Vorstands (KITU)

Damit die Umstellung der analogen Dienstleistungen in den digitalen Sektor besser gelingen kann, wurde eine Kooperation mit dem Landes-IT-Dienstleister Dataport eingegangen. „Dataport stellt zum einen die Basiskomponenten auf der Landesinfrastruktur, auf denen die digitale Dienstleistungsumgebung geschaffen werden kann. Ein Bürgerkonto mit Nachrichtenfunktion als Postfach für zertifizierte, datensichere Kommunikation mit den Verwaltungen kann über ein Portal angelegt werden, digitale Bezahlungsmöglichkeiten können zukünftig angebunden werden“, zählt Petereit einige der Vorteile der Zusammenarbeit auf. Und natürlich die wichtigste Voraussetzung dafür, dass der Dienst, wie zum Beispiel die digitale Beantragung einer neuen Geburtsurkunde, auch entsprechend genutzt wird. Die Dienste müssen auf den Internetseiten der Kommunen gut auffindbar sein. Der beste digitale Prozess nützt nichts, wenn der Link dorthin im Kleingedruckten versteckt ist. Bürgerfreundlichkeit und Auffindbarkeit seien dabei das A und O. Ein Problem dabei ist natürlich auch, dass es mittlerweile so viele Anbieter digitaler Prozesse gibt, dass es relativ leicht ist, dabei den Überblick zu verlieren. In Zusammenarbeit entsteht aktuell ein kommunales Kompetenzzentrum, das Wissen und Netzwerk für die Kommunen und ihre OZG-Prozesse bündeln und begleiten soll.

Erste Lösungsbausteine für die OZG-Umsetzung sollen dabei entstehen und mit Kommunen gemeinsam umgesetzt werden. Die Kommunen werden zukünftig durch Informationsveranstaltungen, eine konkrete Anforderungserhebung und Prototyping in die Entwicklungsprozesse einbezogen. In vier Pilotkommunen aus Sachsen-Anhalt wurden in einem Testprojekt unter dem Titel „Anbindung Online-Dienste in Sachsen-Anhalt“ derzeit schon einzelne Online-Dienste und deren Anbindungen getestet. In Barleben ist das KITU-Serviceportal mit IKISS, in Halberstadt das Serviceportal von BrainSCC, in Tangerhütte das Digitale Rathaus von Innocon und in der Hohen Börde das dBürgerportal von Dataport im Einsatz. So haben die Städte und Gemeinden im Rahmen ihrer kommunalen Selbstverwaltung vor, in vier verschiedenen Servicebereichen ihre Leistungen digital anzubieten. In diesem aktuellen und intern auch als „Stresstest“ benannten Projekt wurde seit Dezember in einem kurzen Zeitraum die technische Realisierbarkeit von verschiedenen Diensteanbindungen verprobt. Dabei wurden nicht nur einige Prozesse und Dienstleistungen für die Kommunen digitalisiert, sondern auch Know-how und Stärken von KID/KITU und Dataport weiter miteinander vernetzt, so dass über die bestehenden Netzwerke kommunale Verfahren und Basisinfrastrukturen von Dataport optimal gebündelt und ganz im Sinne des Landes Sachsen-Anhalt und der Kommunen eingesetzt werden können.

Frank Bonse, Referatsleiter im Ministerium für Infrastruktur und Digitales des Landes Sachsen-Anhalt

„Wir konnten durch das hohe Engagement aller Beteiligten und insbesondere den ausgeprägten Willen zur Koope-
ration die hochgesteckten Ziele erreichen, und das trotz differenzierter Ansätze in den einzubringenden Lösungen. Deshalb wollen auch wir das Projekt auf weitere Akteure im Land ausdehnen. Besonders wichtig war mir, zu zeigen, dass unser etablierter BUS als das unabdingbare Bindeglied wirkt. Unser Ansatz steht somit allen Kommunen zur Verfügung. Dabei muss die notwendige redaktionelle Pflege vor Ort die anstehenden Digitalisierungsmaßnahmen bzw. Angebote des Landes weiter stützen.“

Im Ministerium für Infrastruktur und Digitales ist man laut Petereit sehr erfreut über die gute Zusammenarbeit in diesem Projekt. „Das Feedback, das wir bisher von dort für unser Projekt mit den Pilotkommunen bekommen haben, war durchweg positiv. Wir haben dabei schnell eine gute Arbeitsteiligkeit entdeckt, es gab ein zielorientiertes Miteinander aller Beteiligten. Und wir haben gemeinsam mit den beteiligten Kommunen schon eine ganze Menge Erkenntnisse über die notwendigen Anbindungen an die vorhandenen IT-Systeme erlangt“, so Petereit. Der Plan für die weitere Zusammenarbeit steht schon.Die Kooperation soll noch besser unterstützt werden. Bis Ende 2022 wollen und sollen die Experten von Dataport und KITU den Auftrag des Landes mit weiteren OZG-Leistungen füllen und die Digitalisierung der Verwaltungen auf andere Dienstleistungen und Kommunen ausweiten.

Die Corona-Pandemie hat dafür gesorgt, dass viele Kommunen sensibler geworden sind, was die Digitalisierung ihrer Dienstleistungen für ihre Bürgerinnen und Bürger angeht. „Es gibt viele Anfragen zu Digitalisierungskonzepten, in denen die Gemeinden erst einmal eine Bestandsaufnahme und eine Zielstellung entwerfen. Wo stehen wir, wohin wollen wir, was brauchen wir dafür? Wenn ich nicht weiß, wohin die Reise gehen soll, ist auch die Frage nach der Route schwer zu beantworten. Auch bei diesen Fragen kooperieren wir gerade als Dienstleister mit Dataport“, beschreibt Jan Petereit die Zusammenarbeit. Eines scheint aber sicher zu sein: Diese Kooperation wird noch länger bestehen, denn längst sind nicht alle Kommunen soweit, dass ihre Dienstleistungen wie vom OZG vorgesehen bis zum Ende dieses Jahres digitalisiert sind.

Mit dem „Sprint-Projekt“ wurde jedoch ein großer, erfolgreicher Schritt in der OZG-Umsetzung getan. Möchten auch Sie die Digitalisierung Ihrer Kommune vorantreiben, setzen Sie sich gern mit Ihrem Ansprechpartner, der KITU, in Verbindung.“

Autor: Ariane Amann

Bundesweites EfA-Nachnutzungsmodell über govdigital

Neben den im Vorartikel beschriebenen Pilotanwendungen für Kommunen im Land soll es auch bald noch eine weitere Möglichkeit geben, passende digitale Prozesse in die Verwaltungen der KITU-Mitglieder zu bringen. Der IT-Planungsrat (IT-PLR) hat in seiner 36. Sitzung beschlossen, die govdigital mit einem Projekt zur Umsetzung eines ganzheitlichen EfA-Nachnutzungsmodells zu beauftragen. Über diese Plattform der govdigital sollen bundesweit digitale Verwaltungs-Dienstleistungen angeboten und erworben werden können. Die KID als IT-Dienstleister der KITU ist seit Dezember 2021 Mitglied bei ProVitako und kann somit dort über „Ketten“ der Inhouse-Beziehungen für ihre Mitglieder Dienstleistungen einkaufen. Diese können die Kommunen dann in ihre IT-Struktur einbauen und anpassen. Was so erst einmal relativ nüchtern klingt, hat gleich mehrere Vorteile für die KITU-Kommunen.
Bund und Länder fördern und finanzieren die Erstellung einzelner EfA-Leistungen in den Kommunen. Im Idealfall sind diese IT-Lösungen so gut, dass sie auch zu anderen Kommunen passen. Auf der govdigital-Plattform können sie dann angeboten werden, über das Geflecht der IT-Genossenschaften können die Kommunen so die passenden Dienstleistungen aus Großausschreibungen aussuchen und einkaufen (lassen). Was die Kommunen dabei allerdings nicht vergessen sollten, ist die jeweils passende Anbindung an die eigenen Fachverfahren, sowie an das Dokumentenmanagement. „Dabei können aber die Experten der KITU auch helfen“, sagt Jan Petereit. So könnte auch eine Kommune aus Süddeutschland eine IT-Leistung einkaufen, die ein IT-Dienstleister mit einer Kommune in Sachsen-Anhalt erstellt hat, und auf ihre Bedürfnisse anpassen.
Umgekehrt funktioniert der Prozess natürlich auch. Jan Petereit ist Feuer und Flamme für diese Art der Zusammenarbeit: „Wir brauchen noch mehr Ideen, mehr Anbindungen, müssen uns Verfahren überlegen, wie man das alles zusammenstellen und für unsere Kommunen nutzbar machen kann. Idealerweise können irgendwann alle Kommunen auf diese Lösungen zugreifen und sie für ihre OZG-konformen, digitalen Prozesse einsetzen.“