
78. Ausgabe, 3. Quartal 2020
Sachsen-Anhalt macht Hausaufgaben
Digitalisierungslabore BAföG und Zeugnis schicken digitale Verfahren in die Umsetzung
„Wir gehen davon aus, dass wir mit dem Wintersemester 2020/2021 in Sachsen-Anhalt und weiteren ausgewählten Pilotländern einen neuen Online-Dienst BAföG digital als Antragsverfahren anbieten können, der die Anforderungen des Onlinezugangsgesetzes erfüllt“, sagt Frank Bonse, Referatsleiter im Ministerium der Finanzen des Landes Sachsen-Anhalt. Organisatorische und rechtliche Konzepte wurden entwickelt und die Anbindung an die entsprechenden Fachverfahren umgesetzt.
Das Gesetz zur Verbesserung des Onlinezugangs zu Verwaltungsleistungen verpflichtet Bund und Länder dazu, bis zum Ende des Jahres 2022 insgesamt ca. 575 Verwaltungsleistungen online anzubieten und ihre Serviceportale miteinander zu verknüpfen. Innerhalb der Aufgabenteilung der Bundesländer ist das Land Sachsen-Anhalt im Themenfeld Bildung federführend. Zur Digitalisierung der Leistungen BAföG, Zeugnis und Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen wurden bereits Digitalisierungslabore durchgeführt.

Mit agilen Methoden haben die Mitwirkenden im Labor BAföG ebenen- und fachübergreifend technologische Ideen und visionäre Ansätze diskutiert, die anschließend auf die realen Möglichkeiten und rechtlichen Notwendigkeiten heruntergebrochen werden mussten. „Für uns steht eine funktionierende und akzeptierte Lösung im Vordergrund“, betont Frank Bonse. „Es erfordert eine intensive und transparente Kommunikation mit allen Beteiligten, um dieses komplexe Thema im föderalen Ansatz zu platzieren“, so sein Resümee. Auch das Labor Zeugnis will seine Ergebnisse in die Praxis-erprobung schicken: In einer ersten Stufe sollen die aus verschiedenen Quellen, insbesondere verschiedener Schulverwaltungssoftware, stammenden Zeugnisse digitalisiert und fälschungssicher verfügbar gemacht werden. „Es gibt in allen Bundesländern unterschiedliche Ausgangssituationen. Es gibt nicht das eine deutsche Zeugnis, sondern viele Varianten, und wir müssen auch in europäischen Dimensionen denken“, erklärt Frank Bonse.
Das Thema enthält noch viele Fragen, die weiter bearbeitet werden. Eine wichtige Zielstellung ist, im Bildungsbereich Standards zu definieren. Im Hochschulbereich sind unter Beachtung europäischer Ansätze relevante Prüfungs- und Teilergebnisse fälschungs-
sicher zu digitalisieren, um zum Beispiel einen Wechsel des Studienplatzes zu erleichtern.
Dabei soll die Blockchain-Technologie erprobt werden, um eine einheitliche Sicherheitsarchitektur aufzubauen, die die Authentizität eines Zeugnisses garantiert. Zur Finanzierung werden Mittel der Föderalen IT-Kooperation (FITKO) eingesetzt. In enger Zusammenarbeit mit Nordrhein-Westfalen wird in einem weiteren Digitalisierungslabor eine digitale Lösung zur Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen erarbeitet. „Auch das ist ein komplexes, ressortübergreifendes Thema“, so Frank Bonse. „Ein Grundsatz ist immer zu beachten:
Die Herausforderung bestehe in einer Vielzahl von Lösungen und Ansätzen für eine Aufgabe und in konkurrierenden Systemen. „Wir müssen kooperieren, Varianten in Einklang bringen, Mitarbeiter zu teilweise völlig neuen Arbeitsweisen motivieren und letztlich aus einem Modulbaukasten die jeweils passende Lösung zum Gesamtsystem bringen, wie bei einem Legomodell.“
„Wir können nicht einfach einen Onlinedienst erzeugen, in den Pool packen und hoffen, dass ihn jemand nutzen wird, sondern müssen die Prozesse in den Verwaltungen mitbetrachten. Nur dann sind wir in der Lage, nicht nur die Antragstellung selbst, sondern auch den Rückweg zum Antragsteller sinnvoll abzubilden.“
Frank Bonse
Autor: juj