
66. Ausgabe, 3. Quartal 2017
„Sag’s uns einfach“ zum Weitersagen
Wie E-Government Bürger und Verwaltung schnell und einfach zueinanderbringt
Bürgermeister müssen heute nicht mehr zwingend in Kneipen oder auf Marktplätzen dem Bürger aufs Maul schauen. Um auf dem Laufenden zu bleiben, gibt es effizientere Wege: E-Government. Bürgermeister, die Bürgernähe nicht nur im Mund führen, sondern sie ernst meinen, nutzen virtuelle Meldeportale, die es inzwischen von zahlreichen Anbietern gibt. Sachsen-Anhalt bietet mit dem Projekt „Sag’s uns einfach“ den Kommunen ein einfaches System zur Erfassung und Abarbeitung von Bürgeranliegen.
Eine Handvoll Bürger, die an der Landesgrenze zu Brandenburg wohnen, ergriffen 2010 die Initiative. Sie hatten mitbekommen, dass das Nachbarland seinen Bürgern mit dem „Brandenburg-Märker“ eine Möglichkeit bot, via Internet Anregungen und Kritiken ans Land loszuwerden. Statt Fax oder Brief einfach das eigene Problem in den PC getippt und fertig. Das Rathaus erledigt den Rest. Die Bürger brachten Petitionen in den Landtag ein, um den Impuls „Brandenburg-Märker“ für Sachsen-Anhalt zu geben. Zwei Jahre später war es soweit.
In Genthin startete am 1. August 2013 das Pilotprojekt „Sag’s uns einfach“ für Kommunen in Sachsen-Anhalt. Jörg Rudowski, Referent für Organisation, IT und Zentrale Dienste im Ministerium des Innern und Sport, war schon damals mit dabei: „Das war keine leichte Geburt, weil wir in den Verwaltungen auf eine Menge Skepsis stießen.“ Doch spätestens als die Landeshauptstadt Magdeburg zum 10. Januar 2014 den „MD-Melder“ ins Leben rief und das Landesprojekt dafür nutzte, war der Bann gebrochen. Heute ist das System in 15 Kommunen im Einsatz. Das sind knapp 10 Prozent aller 144 Kommunen, 11 Landkreise und drei kreisfreien Städten Sachsen-Anhalts (Sachsen-Anhalt hat insgesamt 104 Einheitsgemeinden – dort sind die drei kreisfreien Städte bereits enthalten – 18 Verbandsgemeinden und 11 Landkreise; insgesamt also 133 Gebietskörperschaften). Der genaue Standort kann zudem auf einer Karte markiert und zur Veranschaulichung ein Bild übersandt werden.
Nach einer redaktionellen Freigabe werden die Meldungen anonym im Internet unter veröffentlicht und mit einem Bearbeitungsstand versehen (gelb = in Bearbeitung, grün = abgeschlossen).
„Sag‘s uns einfach“ nutzt Responsive Design. Somit ist sichergestellt, dass die „Seiten“ des Melders auf Eigenschaften des jeweils benutzten Endgeräts reagieren können. Die Inhalte werden sowohl über Smartphones als auch klassische Computer in jeweils für das Endgerät optimierten Versionen angeboten.

Die Nutzungszahlen dieses Services sprechen für sich: So gab es allein in Magdeburg bereits im ersten Jahr über 2.900 Meldungen über den damals neuen Zugangskanal. Bis heute wurden fast 10.000 Meldungen veröffentlicht, lediglich ca. 100 Meldungen sind täglich offen. Das entspricht einem beachtlich hohen Abarbeitungsstand und einer sehr kurzen Reaktionszeit. Etwa ein Drittel aller Meldungen betreffen im Übrigen nicht die Stadtverwaltung, sondern externe Ansprechpartner wie Stadtwerke, Verkehrsbetriebe oder ähnliche Einrichtungen. In Magdeburg werden solche Meldungen dank traditionell guter Zusammenarbeit weitergeleitet und dann dort bearbeitet.
Obwohl sich Jörg Rudowski betont optimistisch gibt („Das Glas ist nicht halbleer, sondern halbvoll“) und gerade auf einer kleinen Euphoriewelle reitet („alle Kommunen in Mansfeld-Südharz sind sehr interessiert“), kann auch er natürlich Zahlen lesen: „15 von 158 klingt jetzt erstmal nicht nach viel.“ Doch man müsse eben auch in Betracht ziehen, dass das Landesprojekt „Sag’s uns einfach“ nicht allein auf der Welt ist: „Jedes Systemhaus kann auch ein Meldesystem anbieten.“ Das Land habe bislang 40 Kommunen das eigene – kostenfreie – System vorgestellt, 15 nutzen es bereits. Neben Magdeburg und Genthin u.a. auch Halle, Wolmirstedt, Wernigerode oder Schönebeck. Rudowski: „So schlecht ist die Quote also gar nicht.“
Alles steht und fällt natürlich mit der Netz-Affinität des Bürgermeisters, seiner Verwaltung und natürlich auch des Rates. Während manch ein Bürgermeister generell lieber mit Papier arbeitet oder ein anderer grundsätzlich unsicher im Umgang mit E-Government ist, wabern noch immer viele Vorbehalte und Unsicherheiten durch die Rathausflure. Einige Ortschefs fürchten sogar Mehrarbeit dadurch, dass der Bürger ja jetzt viel einfacher und ohne großen Aufwand verschmutzte Sandkästen oder defekte Straßenlaternen melden kann. Jörg Rudowski sieht das anders: „Keine Kommune hat durch das Meldeportal massive Mehrarbeit, denn der verärgerte Bürger beschwert sich doch auch heute schon. Allerdings per Formular mit Foto oder per Telefon. Das Portal vereinfacht hingegen die Abwicklung und ermöglicht dem Bürger, den Bearbeitungsstand zu verfolgen.“ Die Angst, dass jeder Unfug dann im Netz stünde, sei unbegründet – Rudowski: „Die Verwaltung nimmt zwar jedes Bürgeranliegen im System auf, doch sie entscheidet, welches davon online veröffentlicht wird. Die Rückkopplung zum Bürger vereinfacht sich hingegen enorm. Es braucht keinen Rückruf oder Antwortschreiben - es reicht ja eine Antwort im Netz.“
Für ihn ist das Projekt „Sag’s uns einfach“ ein herausragendes und in der Praxis bewährtes Beispiel von zukunftsorientiertem E-Government. Es greift die stetig wachsende Nachfrage von Bürgern und Wirtschaft nach Online-Beteiligung auf. Es ist kostenlos für die Kommunen, einfach zu händeln und binnen eines Monats einsatzbereit.
Autor: juj