1. Ausgabe 2023 | Nr. 88

Auf ein Wort, Simone Borris

Moderne Kommunikationsmittel gehören heute für die meisten Menschen zum Alltag. Der SERVER befragt an dieser Stelle Prominente und/oder von berufswegen kommunikative Menschen, wie, wann und wofür sie diese benutzen. Heute: Simone Borris, seit 2022 Oberbürgermeisterin der Landeshauptstadt Magdeburg.

Simone Borris

Wie informieren Sie sich über das aktuelle Geschehen, in der Zeitung, im Radio und Fernsehen oder im Internet? Im Laufe des Tages informiere ich mich online. Morgens jedoch lese ich immer die Tageszeitung, um mich zu informieren, ob ich auf ein Thema darin reagieren muss. Die Volksstimme morgens ist ein Muss für mich und ich bin enttäuscht, wenn sie nicht wirklich schon um 5:15 Uhr geliefert worden ist.

Beginnen Sie Ihren Tag immer so früh, liegt das an Ihrem Amt? Das war auch vorher so. Wir hatten einen Hund und ich bin vor der Arbeit immer mit ihm spazieren gegangen. Jetzt kommt morgens um 5:20 Uhr mein Enkel, der bei mir bleibt, bis er vom Schülertransport abgeholt und zur Schule gefahren wird. Vorher genießen wir es, zusammen zu frühstücken.

Wenn Sie so früh aufstehen – klingelt bei Ihnen der Wecker oder das Handy? Das Handy. Es liegt sowieso neben dem Bett, weil ich es über Nacht auflade. Abends ist der Akku durch die viele Kommunikation leer. Meist bin ich aber vor dem Klingeln wach.

Wie wichtig ist Technik in Ihrem Leben? Enorm wichtig, sowohl dienstlich als auch privat. Dafür habe ich zwei separate Handys. Da ich viel unterwegs bin, kann ich mich damit immer auf dem Laufenden halten, meine Mails abrufen oder im Auto telefonieren. Absprachen erfolgen oft über WhatsApp. Ansonsten nutzen wir mobile Technik, Laptops mit Docking-Station, so dass ich sowohl im Büro als auch zu Hause arbeiten kann.

Ist die Arbeit einer Oberbürgermeisterin heute ohne digitale Hilfsmittel noch möglich? Nein.

Waren Sie schon immer technikaffin? Ja, das geht weit zurück. Technik erleichtert vieles. Im Sozialdezernat haben wir schon früh moderne Technik genutzt. Wir waren einer der ersten Bereiche mit Digitaler Akte. Mir ist auch wichtig, dass ich damit umgehen kann und nicht ständig auf andere angewiesen bin.

Welche Rolle spielen soziale Medien für die politische Meinungsbildung? Informieren Sie sich dort, beteiligen Sie sich? Printmedien sind nicht mehr das alleinige Mittel, um Meinungsbildung zu beeinflussen. Man muss also auf soziale Medien gehen. Im Querblick schaue ich durch, was Thema ist, und auf den Seiten der politischen Vertreter, welche Meinungen sie veröffentlichen. Bei Facebook bringe ich mich mit ein. Wer mir dort eine Frage stellt, dem antworte ich. Was ich nicht mehr mache, das habe ich mir im Wahlkampf abgewöhnt: Ich nehme mir nicht mehr alles zu Herzen. Das war zum Ende des Wahlkampfes hin ein Hinweis von Freunden und auch vom Wahlkampfteam, nicht mehr alles zu lesen. Weil man sich in der Anonymität verstecken kann, gibt es Äußerungen, die sind sehr verletzend und entbehren jeder Grundlage. Das muss man sich nicht antun.

Schreiben Sie persönlich bei Facebook oder Ihre Assistentin? Ich mache das oft persönlich, darüber hinaus übernimmt das jemand aus meinem Team.

Müsste die Landeshauptstadt technisch innovativer sein? Definitiv. Aber wir sind beim Umstellen. Zum einen, damit jeder flexibler arbeiten kann. Mit Corona hat sich gezeigt, wie wichtig das ist, und wir haben zunehmend Homeoffice im Angebot. Zum anderen geht es um die technischen Dienstleistungen für die Bürger, Stichwort Onlinezugangsgesetz. Wir bieten jetzt eine App an, mit der die Bürger sozusagen einen ersten Schritt machen können. Das große Vorhaben ist natürlich, dass wir Antragstellungen bis zum Ende hin online anbieten wollen. Dazu fehlen aber noch grundsätzliche Beschlüsse auf Landesebene. Es bringt ja nichts, wenn eine Stadt die Verfahren online gestaltet und andere machen es anders. Es sollte einheitlich sein. Auch Frage-Antwort-Kataloge wollen wir online stärker anbieten, die Service-Hotline 115 mehr qualifizieren, sie möglichst mit den Ämtern verbinden, damit zielgerichtete Antworten ohne lange Warteschleife möglich sind. Das bedingt Zugriffsrechte, die zu klären sind. Datenschutz und Sicherheit spielen eine wichtige Rolle. An der Webseite der Stadt wollen wir auch noch arbeiten. Also: Wir müssen digitaler werden. Zudem aber auch für jene, die nicht mit dem Internet umgehen können – aus welchen Gründen auch immer – Präsenzangebote vorhalten. Wenn wir Bürgerdienstleistungen digital anbieten, brauchen wir trotzdem eine Anlaufstelle, wohin sich Menschen direkt mit ihren Fragen und Anliegen wenden können.

Ist die umfassende Digitalisierung des öffentlichen Lebens für Sie eher Fluch oder Segen? Beides. Die Kommunikation wird vereinfacht. Bei WhatsApp beispielsweise durch Gruppen, um sich zu verabreden oder bestimmte Absprachen vorzunehmen. Aber das soziale Miteinander bleibt auf der Strecke. Kürzlich hatte ich ältere Ehepaare im Rathaus und wir unterhielten uns darüber, wie sie sich kennengelernt haben. Ohne Telefon, ohne Internet. Man musste sich verabreden, verbindlich. Diese Zuverlässigkeit hat mit den modernen Kommunikationsmöglichkeiten stark abgenommen. Heute wird eher mal kurzfristig mit einer Nachricht abgesagt oder die Zeit verschoben. Es ist auch üblich geworden, während Gesprächen mit dem Handy zu „spielen“. Natürlich kann man sagen: Leg das Handy weg. Dann aber kommt der nächste Fluch: Man ist nicht erreichbar. Es besteht ein Druck, ständig aufs Handy zu schauen, um keine Informationen zu verpassen.
Online-Meetings können Gespräche vereinfachen. In kleineren Gruppen finde ich das gut. Sie gehen schneller, sparen Zeit und Wege. Darüber hinaus bevorzuge ich Präsenz. Zum einen hat man die nonverbale Kommunikation besser im Blick, zum anderen mag ich die Gespräche am Rande, die online nicht gegeben sind.

Welche Rollen spielen Damen wie Siri oder Alexa in Ihrem Leben? Wir haben tatsächlich eine Alexa. Allerdings spielt sie bei uns nur Musik. Musik ist für mich wichtig. Ich habe eine Playliste zum Abspannen, und auch zum Joggen brauche ich Musik.

Worin finden Sie einen Ausgleich zur Arbeit – online oder offline? Vor allem beim Sport. Am liebsten würde ich Fußball spielen, aber dafür reicht die Zeit nicht mehr. Also gehe ich joggen. Nicht gern, aber ich brauche die Bewegung. Auch lese ich gern. Da ich schnell lese, nutze ich eBooks, die sich auf Reisen besser mitnehmen lassen als schwere Bücher – und ich kann so viele mitnehmen. Früher habe ich viel gemalt. Mein Bruder hat mir zum 60. Geburtstag einen Malkasten geschenkt, um mich wieder dazu zu animieren. Vielleicht mache ich das irgendwann mal wieder. Jetzt nutze ich meine Zeit mehr für meinen Enkel und um Freunde zu treffen.

Sie sind viel unterwegs – vom Theater bis ins Stadion. Ist das für Sie dienstlich oder privat? Das lässt sich nicht strikt trennen. Fußball ist für mich eine Herzensangelegenheit, so auch die Präsidiumsarbeit beim 1. FCM vor der Wahl. Bis vor kurzem noch habe ich selbst Fußball gespielt. Es gibt viele Verbindungen und Freunde durch den Fußball. Auch beim Theater verbindet sich das, ich mag vor allem Musicals und wir haben für das nächste Sommer-Open-Air bereits Karten. Vieles, was passiert, ist eine Verbindung zwischen Freizeit und Beruf. Das ist das Schöne an meinem Job.

Welche Webseiten oder Apps nutzen Sie am häufigsten? Die Stadtseite natürlich, Online-Banking, WhatsApp und Momox, was eine gute Plattform für Nachhaltigkeit ist.

Shoppen Sie lieber im Net oder ins (Einkaufs)Netz? Ich gehe selten in Geschäfte, würde gern aber mal wieder durch die Läden schlendern. Wenn ich beispielsweise etwas für meinen Enkel kaufen möchte, will ich genau wissen, wie sich das Material anfühlt. Ansonsten kaufe ich auch online, das geht schnell und unkompliziert.

Wenn Sie in Magdeburg einkaufen, werden Sie sicherlich erkannt und in Magdeburger Art angesprochen. Das ist nicht schlimm. Ich finde es schön, dass die Leute keine Berührungsängste haben. Mich interessiert ja auch, was sie denken. Kritik, wo sie angebracht ist. Mir ist daran gelegen, miteinander zu reden und Fragen zu klären.

Ein Gespräch über Technik kann nicht ohne Intel enden. Welche Veränderungen bringt der Technikkonzern für Magdeburg? Im Hintergrund wird fleißig gearbeitet und ich gehe davon aus, dass wir die Umsetzung hinbekommen. Auswirkungen wird es vom Wohnungsbereich über Kita und Schule geben. Das werden Herausforderungen sein. Wir werden sie geregelt bekommen, sowie wir konkrete Zahlen haben. Magdeburg wird internationaler. Wir brauchen eine internationale Schule, im Sport- und Kulturbereich werden internationale Angebote entstehen. Das Theater ist es bereits. Der Wohnungsmarkt wird sich entwickeln, es gibt zum Beispiel Pläne für Bauen auf einstigen Firmengeländen wie beispielsweise von Fahlberg-List und RAW. Das wertet den Südosten und damit die Stadt auf.

Vielen Dank für das Gespräch.

Birgit Ahlert