
73. Ausgabe, 2. Quartal 2019
Portale clever verbunden
Nordrhein-Westfalen bringt einfache und kostengünstige OZG-Lösung auf den Weg

In Nordrhein-Westfalen ist das Nutzer- oder Servicekonto bereits scharfgeschaltet. Welche Erleichterungen bringt das für die Bürger?
Prof. Dr. Andreas Engel: Die Nutzer registrieren sich einmal online über das Servicekonto.NRW und können dann die erfassten Daten in allen angeschlossenen Portalen und für die zur Verfügung stehenden Online-Angebote der Städte und Gemeinden, der Landkreise sowie der Ministerien und Behörden der Landesverwaltung nutzen. Das minimiert nicht nur den Aufwand für den Bürger, der ein Anliegen hat, es minimiert auch Fehler. Bestellt zum Beispiel jemand beim Standesamt eine Geburtsurkunde, werden seine personenbezogenen Daten aus dem Konto ausgelesen und müssen nicht noch einmal eingetippt werden. Tippfehler haben schon oft zu Problemen beim Abgleich mit dem Melderegister geführt.
Wie ist die Authentifizierung geregelt?
Prof. Dr. Andreas Engel: Für die meisten Antragsdienste genügt die Authentifizierung via E-Mail-Adresse und Passwort. Die Schriftform wird nur in der höchsten Vertrauensstufe, der Stufe 3, gefordert. Dazu muss mit dem Servicekonto.NRW die elektronische Identifikation (eID) aus dem Personalausweis mit einem Lesegerät ausgelesen werden. Das ist nach wie vor eine Hürde in der Benutzerfreundlichkeit. Deshalb arbeiten wir daran, dass auch „einfachere“ Authentifizierungsmethoden wie das ELSTER-Zertifikat der Steuererklärung oder Smarthon-Identifikationen genutzt werden können. Weil das Servicekonto.NRW aber schon an die Portale angebunden ist, ist es ein Leichtes, auch neue Authentifizierungsverfahren mit einem Update allen zur Verfügung zu stellen. Unser Konto erfüllt alle Anforderungen des OZG, vor allem die Interoperabilität mit allen Nutzerkonten anderer Länder, die auch dort nach dem OZG eingesetzt werden müssen.
Welche online-Dienste werden besonders häufig genutzt?
Prof. Dr. Andreas Engel: Zum Beispiel werden Anträge auf Bewohnerparkscheine, Kfz-Wunschkennzeichen und Führerscheine gestellt oder der Wohnsitz umgemeldet. Im Gewerbe-Service-Portal.NRW können Gewerbe vollständig digital an-, um- oder abgemeldet werden. Die Abmeldung ist gebührenfrei, bei einer An- oder Ummeldung erhält der Anzeigende nach der Bestätigung seines Antrags einen Gebührenbescheid, den er dann über die Bezahlfunktion ePayBL begleicht. Dafür stehen ihm verschiedene Bezahlmöglichkeiten zur Verfügung.
Wie viele kommunale Antragslösungen für Leistungen nach dem OZG stehen den Bürgern in Ihrem Bundesland inzwischen digital zur Verfügung?
Prof. Dr. Andreas Engel: Von den 575 Verwaltungsleistungen, die bis 2022 laut Online-Zugangsgesetz in digitaler Form verfügbar gemacht werden sollen, haben 483 Leistungen kommunalen Bezug. Davon sind bereits im Land 120, also 25 Prozent, online verfügbar, zwar nicht bei allen Kommunen, aber bei einigen. Und zwar nach Reifegrad 3, das heißt, der Antrag steht nicht nur digital zur Verfügung, um heruntergeladen, ausgedruckt und mit dem Kugelschreiber ausgefüllt und im Briefumschlag an die Behörde geschickt zu werden. Beim Reifegrad drei handelt es sich um echte online-Formulare, die online ausgefüllt und gesendet werden. In den Reifegraden vier und fünf geht es dann auch um die elektronische Weiterverteilung von Bescheinigungen oder um den elektronischen Zugriff auf Register für alle Unterlagen, die zuständige Bearbeiter für die vollständige Erledigung brauchen.
Bereits im Sommer soll der Portalverbund.NRW freigeschaltet werden. Damit sind Sie manch anderem Bundesland um Längen voraus. Wie sind Sie an diese Aufgabe herangegangen?
Prof. Dr. Andreas Engel: Während das Land Baden-Württemberg zum Beispiel ein zentrales Landesportal hat und es auch in Bayern eine zentrale Anwendung gibt, haben wir in Nordrhein-Westfalen 396 Kommunen mit eigenen Internetauftritten. Die haben in ihre Portale und in die Digitalisierung von Antragsverfahren investiert. Der Schutz dieser Investitionen war uns wichtig. Wir haben uns zusammengesetzt und nach einfachen und kostengünstigen Lösungen gesucht. Ich kann Ihnen sagen, es hat sich gelohnt.
Welche Lösung haben Sie gemeinsam mit Ihren Partnern gefunden?
Prof. Dr. Andreas Engel: KDN, der Dachverband der kommunalen IT-Dienstleister, und d-NRW, eine Anstalt des öffentlichen Rechts, deren Träger das Land Nordrhein-Westfalen, Kommunen, Landkreise und Verbände sind, haben gemeinsam eine tragfähige Architektur für den Portalverbund.NRW entwickelt. Das Herzstück ist die Verwaltungssuchmaschine VSM. Sie ist die zentrale Datenquelle und der zentrale Kommunikationsknoten. Kommunen, Landkreise und Behörden markieren ihre Internetseiten, auf denen sie Onlinedienste anbieten, mit einem speziellen Schlüssel, auch Tag genannt. Der Crawler der Verwaltungssuchmaschine VSM findet die Tags und sammelt die Daten der Portale und Webseiten ein. Ort, Leistungsbeschreibung und URL werden gespeichert. Wenn nun jemand in Köln nach Möglichkeiten für Kita-Anmeldungen in Düsseldorf sucht, wird er über die Verwaltungssuchmaschine direkt auf die gesuchte Seite geleitet. Wir mussten dafür kein großes Portal bauen, wir haben nur die vorhandenen Portale miteinander verknüpft. Das ist kein großer technischer Aufwand. Wir verbinden vorhandene und neue Komponenten, die Einstiegshürden für die Anbieter von Onlinediensten und die Aufwendungen für die Pflege der Datensammlungen sind gering. Der Verbund kann sukzessive erweitert werden. Da sich die Bundesländer auch untereinander vernetzen müssen, stellen wir den anderen Ländern die Linksammlung der Suchmaschine zur Verfügung, damit Nutzer bundesweit auf unsere Seiten gelangen.
Werden analoge Dienste nun bald abgeschafft?
Prof. Dr. Andreas Engel: Bürgerbüros und das Bürgertelefon 115 wird es auch weiterhin geben. Manche Bürger suchen den direkten Kontakt zu Mitarbeitern in den Ämtern. Und manches kann am Bürgertelefon besonders einfach und schnell geklärt werden wie zum Beispiel eine Anfrage an das Fundbüro.
bek
So wirkt NRW an der OZG-Umsetzung mit
63 Kommunen aus 10 Bundesländern arbeiten in Digitalisierungslaboren mit, davon beteiligen sich 31 Kommunen und IT-Dienstleister aus NRW in 13 Themenfeldern
NRW ist federführend im Bereich Arbeit und Ruhestand, Bereich ALG II
NRW arbeitet mit in der Themenfeldsteuerung, z.B. in den Bereichen Gründungsvorhaben, Wohngeld oder Baugenehmigung
NRW arbeitet mit an Einzelthemen, z.B. Ausbildungsförderung, Anerkennung von Berufsqualifikationen oder Erlaubnis für Großraum- und Schwerverkehr