
2. Ausgabe 2022 | Nr. 89
Auf Wiedersehen, Peter Nehl: Eine Institution geht in den Ruhestand
Technik und IT begleiten und begeistern Peter Nehl sein ganzes Berufsleben. Der studierte Diplom-Ingenieur leitet seit 2011 den Bereich Technik bei der KID. „Bis dahin hatte ich keine Berührungspunkte mit dem Bereich öffentliche Verwaltung, war seit der Wende immer im privatwirtschaftlichen IT-Umfeld unterwegs. Die Stelle war damals ausgeschrieben für den Bereich Technik mit Verantwortung für den Betrieb eines kommunalen Rechenzentrums für die Landeshauptstadt Magdeburg. Das hat mich sehr gereizt, weil es nochmals neue Dimensionen und interessante Herausforderungen eröffnete im Vergleich zu dem, was ich bis dahin bereits gemacht habe“, erinnert er sich.
Als Diplom-Ingenieur für Technische Kybernetik und Automatisierungstechnik war er schon während seines Studiums an der Technischen Hochschule Magdeburg eng vertraut mit digitalen Schaltungen und Mikroprozessortechnik – beste Voraussetzungen für seinen Start 1985 als Absolvent im Traktoren- und Dieselmotorenwerk Schönebeck. Zur Wendezeit 1989/1990 waren die Aussichten des damaligen Forschungsingenieurs und zugleich dreifachen Familienvaters äußerst unsicher: Sämtliche Großbetriebe der Region schlossen innerhalb kurzer Zeit, zehntausende wurden arbeitslos, viele verließen die Region in westlicher Richtung. Ganz gegen diesen Trend gründete Peter Nehl 1991 mit damaligen Kollegen ein eigenes IT-Unternehmen in Magdeburg. Anschließend war er in verantwortlichen Positionen in IT-Unternehmen der Region tätig, bis er 2011 als Bereichsleiter Technik zur KID kam.

Der Bereich Technik der KID hatte damals etwa 25 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, heute sind es doppelt so viele. Zu den ursprünglichen Herausforderungen den neu begründeten Bereich Technik zu leiten, kamen schnell weitere hinzu wie Servicemanagement und Prozessorganisation, Datenschutz und Informationssicherheit. „Zum damaligen Zeitpunkt war die KID bzgl. Informationssicherheit bereits nach ISO 27001 zertifiziert, was bis heute jährlich neu unter Beweis zu stellen ist. Was mich dann sehr schnell zusätzlich eingeholt hat, war zum Beispiel das öffentliche Vergaberecht. Beschaffungen ausschließlich auf dieser Basis und über Ausschreibungen durchzuführen, das war für mich tatsächlich neu“, sagt Nehl. Heute hat die KID als kommunaler IT-Dienstleister neben den IT-Spezialisten der beiden Kernbereiche Technik und Anwendungen gesonderte Sicherheits- und Datenschutzbeauftragte, Vergaberechts-experten, Lizenzprofis und Spezialisten für nahezu jedes Gebiet rund um kommunale IT-Belange.
IT-Technik und -Technologien haben sich über sein Berufsleben hin stets rasant weiterentwickelt. „Auch wenn es damals an der Sektion unserer Hochschule bereits erste Personalcomputer gab, habe ich meine Diplomarbeit zur Programmierung einer digitalen Datenübertragungseinheit noch auf einem KleinRechenSystem Robotron KRS 4200 kodiert: Der programmierte Quellcode kam als Lochstreifen heraus. Bereits in meiner anschließenden beruflichen Tätigkeit ging es um die Einführung dezentraler PC-Technik in der Fahrzeugproduktion. Gängige Speichermedien damals? Disketten im ‚Pizza‘-Format (8“) und Standard-Format (5,25“), später Mini-Disketten (3,5“). Festplatten waren rar und exorbitant teuer“, sagt er schmunzelnd. Heute kann jedes Smartphone in der Jackentasche mehr als damalige Großrechner, die ganze Hallen füllten.
Mit der Zeit zu gehen und dabei beständig zu lernen, das liegt ihm scheinbar im Blut: „Lebenslanges Lernen nennt man das ja heute gern, und ich denke, das macht für mich den Ansporn und Antrieb aus, stets neueste technische Innovationen zielführend zum Einsatz zu bringen.“
In vielen Branchen gehe heute ohne IT nichts mehr und genau diese Universalität und diese Dynamik reize ihn nach wie vor. „Ich bin mit vielen unterschiedlichen Bereichen des wirtschaftlichen und öffentlichen Lebens in Kontakt gekommen und habe gemeinsam mit anderen viele spannende IT-Lösungen entwickelt und umgesetzt. IT ist dabei stets Mittel zum Zweck – und der ist jeweils ganz unterschiedlich – und auch wieder gleich“, sagt Nehl.
Die Idee, mit der KITU einen kommunalen IT-Verbund auf Basis des Genossenschaftsmodells zu gründen, war bereits 2009 mit damals drei Gründungsmitgliedern geboren worden. Nun galt es, innovative IT-Lösungen und Dienstleistungen zu etablieren und zu einem überzeugenden Erfolgs-modell für die Kommunen in Sachsen-Anhalt zu entwickeln. Auch wenn Zahlen nicht alles sind, sprechen diese doch eine eigene Sprache: Heute hat die KITU mehr als 100 Mitglieder, zu denen neben Kommunen auch Zweckverbände, Hochschulen und seit kurzem auch das Land Sachsen-Anhalt gehören.
Als ein besonders anschauliches Beispiel für die Effizienz von IT-Dienstleistungen verweist Nehl auf die Betreuung der IT-Endgeräte für die Landeshauptstadt Magdeburg:
Sechs IT-Spezialisten des Bereiches Technik sind jeden Tag damit betraut, ca. 3.500 Endgeräte der Landeshauptstadt an diversen über das Stadtgebiet verstreuten Standorten zu betreuen. Nehl sagt: „Ich habe großen Respekt vor den Kollegen und Kolleginnen, die mit ihrem Wissen, Können und Engagement und vor allem aber intelligenten Lösungen sicherstellen, dass die Verwaltung der Landeshauptstadt reibungslos arbeiten kann. Dazu müssen Hardware, Betriebssysteme, Virenschutz, Anwendungen stets aktuell sein und ausnahmslos sicher funktionieren.“
Tatsächlich sprachlos war Peter Nehl in seiner Zeit als Bereichsleiter Technik nur selten.
„Wenn es mir die Sprache verschlägt, dann ist es nicht unbedingt etwas Positives. Manche Dinge machen mich aber schon in gewisser Weise ‚sprachlos‘, aber auch diese müssen gelöst werden. Es darf eben nicht bei der ‚Problembewunderung‘ bleiben, sondern es geht immer darum, Lösungen zu finden und diese effizient umzusetzen – auch in scheinbar aussichtslosen Situationen. Eine analytisch-strukturierte Vorgehensweise, Hartnäckigkeit, Kreativität und eine sachliche Kommunikation bilden dabei stets den Schlüssel zum Erfolg. Diese ingenieurtechnischen Tugenden wurden während meines Studiums an der TH Magdeburg vermittelt und außerdem habe ich in meinen Jahren bei der KID stets noch dazulernen können. Dabei war es für mich von Vorteil, die IT-technische Entwicklung mehr als 40 Jahre durchgängig direkt mitzuerleben und zu gestalten.“
Zur Jahresmitte verabschiedet sich Peter Nehl in den wohlverdienten Ruhestand. Was er dann mit seiner freien Zeit anfängt?
„Diese Frage wird mir ja von allen Seiten seit längerem gestellt. Die mich besser kennen, können sich dies nicht wirklich vorstellen – ich ehrlich gesagt auch nicht. Momentan habe ich keine Antwort darauf, weil die Vorstellung von der Zeit nach dem Berufsleben für mich irgendwie surreal ist. Ich habe also erstmals keinen Plan – aber vielleicht ist dies ja der Plan ...“, antwortet er.
„Ich werde mich ganz sicher auch zukünftig nicht langweilen, muss mich natürlich anders organisieren als bisher. Rund um Haus und Grundstück gibt es ausreichend Betätigungsfelder und nicht zuletzt zwei kleine Enkelkinder, die etwas weiter weg wohnen. Somit viel Zeit für alles, was bisher zu kurz kam“, sinniert er, auch wenn er die Vorstellung des Lebens ohne Arbeit noch unwirklich findet.
Nehls Nachfolger Hannes Kurth ist seit Mai mit an Bord und kann sich schon in seine neue Aufgabe einarbeiten. Er hat Informatik studiert und war dann in leitender Position in der Softwareentwicklung tätig. Er schätzt jetzt schon die ruhige, geordnete Arbeitsatmosphäre im Unternehmen. „Sicherlich habe ich auch schon ein, zwei Sachen identifiziert, an denen man arbeiten kann, um noch besser zu werden. Aber das ist auch leichter, wenn man von außen neu dazukommt“, sagt er und bekräftigt seine Freude über die neue Herausforderung bei der KID.
Mit Hinblick auf die aktuelle Diskussion um ‚künstliche Intelligenz‘ möchte Peter Nehl zum Abschied allen – und mit Augenzwinkern – noch gern eine Botschaft mitgeben:
„Natürliche Intelligenz sitzt VOR dem Computer – immer.“
Ariane Amann