1. Ausgabe 2023 | Nr. 88

Elektronische Kommunikation in den Behörden

Wer mit Behörden kommuniziert, kann viele Wege nutzen – Briefe, Faxe, E-Mails sind oft möglich. Viele Behörden, auch in Sachsen-Anhalt, haben mittlerweile aber auch zertifizierte, elektronische Wege der Kommunikation, wie das besondere elektronische Behördenpostfach (beBPo). Das trifft insbesondere für Justizbehörden und einige Kommunalverwaltungen zu.

Karsten Reich aus dem Bereich Technik des KID- Rechenzentrums

Bürger und Organisationen können so mit den Verwaltungen und Gerichten, vornehmlich mit den Gerichten und Staatsanwaltschaften, elektronisch kommunizieren. Anwälte und Notare können das schon jahrelang mit dem besonderen Anwaltspostfach und dem besonderen Notarpostfach. Der Datentransfer und die Kommunikation über diese besonderen Postfächer laufen elektronisch und verschlüsselt, sodass beides auf sicherem Wege stattfinden kann.

Das beBPo ist der momentan sicherste, digitale Weg für den elektronischen Rechtsverkehr. Entstanden ist es aus dem ehemaligen elektronischen Gerichtspostfach“,

erklärt Karsten Reich aus dem Bereich Technik des KID-Rechenzentrums.

Seit etwa 2005 hat er mit diesem digitalen Weg der Kommunikation zu tun, der über OSCI (Online Services Computer Interface) verschlüsselt ist. Als Spezialanwendung für die Justiz entstand so das elektronische Postfach, über das Gerichte, Anwälte und Notare miteinander kommunizieren können (und mittlerweile auch müssen). Vorstellen muss man sich das Kommunikationssystem wie eine traditionelle Postfachanlage für Schriftstücke – nur eben nicht aus Metall und Holz, sondern digital. In einer Behörde liegt also ein digitaler Schrank mit verschiedenen Postfachhaltern oder Intermediären, auf die eingehende Dokumente und Kommunikation nach einem verschlüsselten Transfer sortiert werden können. Von dort holt sich der Empfänger oder die Empfängerin auf verschlüsseltem und zertifiziertem Wege die Post ab – das ist der Unterschied zur Kommunikation per herkömmlicher E-Mail. Von außen erlangen die Empfangsberechtigen Zugang mit einem integrierten, digitalen Zertifikatsschlüssel, danach muss das eigene Postfach noch mit einem zweiten solchen Schlüssel am Postfachhalter geöffnet werden. Die Kommunikation ist somit doppelt verschlüsselt und kann nur vom tatsächlichen Empfänger geöffnet werden und ist automatisch signiert, altbekannte Signaturverfahren über besondere Geräte und Karten entfallen also gänzlich.

Zum Szenario gehört auch noch ein Adressbuch, also ein Verzeichnisdienst namens SAFE (Secure Access to Federated E-Justice/E-Government). Über diesen Dienst lassen sich die Empfänger suchen. „Je nach Behörde und Zugangsberechtigungen gibt es unterschiedliche Kreise von Empfangsberechtigten, an die Dokumente geschickt werden können“, erklärt Reich weiter. Wichtig ist auch: Nicht jeder einzelne Behördenmitarbeiter kann über die Postfächer direkt angeschrieben werden, die Unterlagen werden vom elektronischen Behördenpostfach aus in die behördeninternen Systeme weitergeleitet. „Man kann dann in diesem Verzeichnisdienst den Empfänger finden, so wie eine bestimmte Rechtsanwaltskanzlei. Hauptsächlich natürlich die Gerichte, am längsten funktioniert es mit den Verwaltungsgerichten“, so Reich.

In der Landeshauptstadt Magdeburg beispielsweise ist das besondere elektronische Behördenpostfach aus dem Alltag der Verwaltung mittlerweile nicht mehr wegzudenken. Zwar gibt es natürlich eine Rechtsabteilung, die sich um die Verwaltung und das Verwaltungsrecht kümmert. In den einzelnen Dezernaten und Ämtern gibt es aber freilich noch deutlich mehr spezielle Rechtsverfahren. Karsten Reich sagt: „Ich denke da an das Sozialamt, das Jugendamt, die Ausländerbehörde, die allesamt mit den Gerichten kommunizieren müssen.“ In all diesen Behörden haben mehrere autorisierte Mitarbeitende das Recht, als Sender für die elektronische Kommunikation übers beBPo zu fungieren. Soweit sei das unproblematisch. „Die kompliziertere Sache ist es, die eingehende Kommunikation automatisiert an die Fachbereiche weiterzuverteilen“, so Reich weiter. Gut geeignet dafür ist ein Produkt der Firma Poseidon, das bereits vor der Einführung des beBPo existiert hat. „Im Zuge der Einführung des besonderen Behördenpostfachs ist das Programm erweitert worden, sodass man dort ein Regelwerk hinterlegen kann, wie man es von normalen E-Mail-Clients kennt. So kann man automatisiert nach Aktenzeichen eine Vorsortierung vornehmen. Irrläufer gibt es gelegentlich trotzdem, das schicken sich die Ämter aber in aller Regel dann selbständig gegenseitig zu“, erzählt Reich aus seiner Erfahrung. Die Postfächer sind meist mit Namen der jeweiligen Abteilung versehen, um die Handhabung und Verteilung zu vereinfachen. Hätte jeder Mitarbeitende eine eigene beBPo-Adresse, wäre dies reichlich kompliziert. In der Magdeburger Verwaltung ist der beBPo-Client per Schnittstelle samt Adressbuch direkt ins E-Mail-Programm integriert, sodass die Mitarbeitenden dort komfortabel empfangen und versenden können.

Besonders praktisch ist es, dass über das beBPo Schriftsätze versandt werden können, deren Größe die Handhabbarkeit für jeden üblichen E-Mail-Client überschreitet. Karsten Reich weiß: „Die Anhänge in diesen Sendungen können mittlerweile bis zu 200 MB groß sein und 100 Anlagen enthalten.“ Einen der größten Vorteile des Systems sieht Reich in der Unabhängigkeit von den Öffnungszeiten der Behörden. „Man kann von außerhalb der Behörde zu jeder Tages- und Nachtzeit Schriftsätze schicken, die verschlüsselt und sicher ankommen“, sagt Reich. Das schätzt auch Rechtsanwältin Claudia Fund aus Magdeburg. Sie vertritt häufig Mandantinnen und Mandanten, die in sozialrechtlichen Fällen mit der Verwaltung der Landeshauptstadt Magdeburg zu tun haben. „Seit März 2022 kann ich so mit der Landeshauptstadt Magdeburg kommunizieren. Aus dem besonderen elektronischen Anwaltspostfach beA in das besondere elektronische Behördenpostfach beBPo der Landeshauptstadt Magdeburg“, erinnert sie sich. Und sagt: „Ich finde es toll, dass ich aus dem beA heraus in das beBPo der Landeshauptstadt Magdeburg kommunizieren kann, weil ich in Echtzeit nachvollziehen kann, ob meine Sendung angekommen ist. Ich muss nichts ausdrucken, nichts zusammentackern, nichts auf ein Faxgerät legen oder in einen Briefumschlag stecken und frankieren. Bei mir läuft die Kommunikation mit der Stadt komplett papierfrei.“

Ausbaufähig sei die elektronische Infrastruktur hinter dem beBPo in den meisten Verwaltungen noch, schätzt auch Karsten Reich ein. „Es zeichnet sich wohl ab, dass durch die Einführung von Dokumentenmanagementsystemen in den kommenden Jahren vielleicht einiges leichter und weniger papierlastig wird“, sagt er. Mit einer solchen Anbindung könnten dann Anhänge aus den Schriftsätzen automatisch in die richtigen Ordner im Dokumentenmanagementsystem sortiert werden.

Ariane Amann