76. Ausgabe, 1. Quartal 2020

eRechnungsworkflow – Stadtverwaltung Magdeburg stellt um

Ein intensiver Postweg, auf dessen Etappen es immer mal wieder stocken kann, wird in der Landeshauptstadt Magdeburg Schritt für Schritt digital in den Flow gebracht. Mit dem eRechnungsworkflow verkürzt sich bei der dezentralen Mittelbewirtschaftung die Gesamtbearbeitungszeit vom Rechnungseingang bis zur Zahlungsanweisung deutlich. Der Stand der Bearbeitung ist stets nachvollziehbar. Drucker/Kopierer haben Pause.

Nadine Quedenfeld und Bastian Heyer schulen ihre Kollegen in der Stadtverwaltung Magdeburg

„Für die Nutzer ist das System sehr einfach gestaltet“, sagt Projektleiter Bastian Heyer im Fachbereich Finanzservice. „Dahinter steht eine komplexe Softwarelösung, die wir auf die unterschiedlichen Abläufe der einzelnen Fachbereiche individuell zuschneiden. Das heißt, bevor wir einen Bereich auf den eRechnungsworkflow umstellen, reden wir erst einmal intensiv darüber, wie die Papierwege bisher ablaufen. Diese Wege bilden wir dann digital ab und automatisieren sie.“ „Dabei nutzen wir die Chance, Strukturen zu hinterfragen und zu verbessern“, ergänzt Nadine Quedenfeld, Gruppenleiterin Kreditorenbuchhaltung. „Oft sind es nur Kleinigkeiten, die wir gemeinsam verändern. Aber diese Kleinigkeiten tragen dazu bei, dass die Prozesse reibungsarm laufen.“

Im Dezernat für Finanzen  und Vermögen wurde im zweiten Halbjahr 2018 der Anfang gemacht. Inzwischen sind die ersten drei Dezernate auf den eRechnungsworkflow umgestellt, bis zum Sommer 2021 folgen die verbliebenen drei Dezernate. Zurzeit arbeiten in der Magdeburger Stadtverwaltung ca. 1000 Nutzer mit der Finanzsoftware. Schätzungsweise weitere 500 werden folgen. Dabei wird jeder Nutzer von Nadine Quedenfeld und Bastian Heyer im Umgang mit dem eRechnungsworkflow geschult.

Die bisherigen Erfahrungen sind durchweg positiv: Der Weg einer Rechnung von ihrer Ankunft und Erfassung in einem dezentral gelegenen Amt, über die Bestätigung der sachlichen Richtigkeit bis hin zur gebuchten Rechnung führte zuvor durch verschiedene Büros sowie per Kleintransporter vom jeweiligen Amt in den Fachbereich Finanzservice in der Innenstadt. Die Rechnung wurde ausgedruckt, mehrfach kopiert und abgelegt. Bei Abwesenheit des Mitarbeiters, der nun gerade eine Unterschrift leisten müsste, kam die Bearbeitung gegebenenfalls ins Stocken.

„Wenn eine Rechnung gesucht wird, muss man dafür nicht mehr in den Keller gehen, sondern man guckt ins System.“

 Nadine Quedenfeld

„Bei unkomplizierten Sachverhalten dauerte der Durchlauf im Schnitt fünf bis sieben Tage, enthielt die Rechnung Fehler, dann ging die Prozedur von vorn los“, berichtet Nadine Quedenfeld. „Jetzt sind es nur noch ein bis zwei Tage.“ Das heißt, Handwerker oder Dienstleister bekommen schneller ihr Geld für erbrachte Leistungen und die Landeshauptstadt Magdeburg spart Geld, weil sie Skonto-Fristen besser einhalten kann.

In den umgestellten Dezernaten wird nun jede Rechnung, die per Post oder als E-Mail-Anhang eintrifft, als PDF-Dokument erfasst und dem Workflow zugeführt. Noch geschieht das Abtrennen der PDF-Dokumente im zentralen Rechnungs-E-Mail-Postfach des Fachbereichs Finanzservice manuell, doch auch das wird sich ändern: Ab 1.1.2021 wird dieses Postfach von einer Software nach PDF-Anhängen sowie nach XRechnungen (ein strukturierter, standardisierter Datensatz im XML-Format, der automatisch elektronisch versendet und verarbeitet werden kann) untersucht, kündigt Bastian Heyer an. Etwaige Anschreiben sind dann obsolet, „die sieht künftig niemand mehr.“  

Die Software trennt die Rechnung von der E-Mail ab und leitet das PDF-Dokumente automatisch an virtuelle Schreibtische weiter. An denen arbeiten mehrere Mitarbeiter unabhängig davon, in welchen Büros sie tatsächlich sitzen. Ist ihr Arbeitsschritt an der Reihe, dann erscheint eine E-Mail auf ihren Bildschirmen. Ein Klick auf den angegebenen Link öffnet den Webclient in einem Browser und gibt genau den kleinen Teil der Finanzsoftware frei, der für die Bearbeitung dieses Vorgangs nötig ist. Ist der Arbeitsschritt erledigt, wird die Rechnung automatisch zur nächsten zuständigen Stelle befördert. Wurde er nicht erledigt, ploppt die Mail erneut an den Plätzen auf, die zu diesem bestimmten virtuellen Schreibtisch gehören. So ist gewährleistet, dass die Rechnung nicht unbearbeitet liegen bleibt, weil ein Platz unbesetzt ist. Mitarbeiter, die zu einem virtuellen Schreibtisch gehören, haben für den jeweiligen Arbeitsschritt die Zugriffsberechtigung und können sich gegenseitig vertreten. Gerät der Prozess dennoch ins Stocken, gibt das System ein entsprechendes Signal.

Bei der Bearbeitung von Eingangs-Rechnungen – von der verauslagten Briefmarke bis zur Teilabrechnung für den Tunnelbau am Hauptbahnhof – wurden bisher rund 120.000 Seiten Papier pro Jahr bedruckt. Da aber viele Mitarbeiter das Bedürfnis haben, alles noch einmal auszudrucken und abzuheften, wird der Gesamtaufwand auf eine halbe Million Blatt Papier geschätzt. In den bisher umgestellten Dezernaten werden Papier und Tinte gespart, auch Lagerkapazitäten zur Archivierung werden überflüssig. „Wenn eine Rechnung gesucht wird, muss man dafür nicht mehr in den Keller gehen, sondern man guckt ins System“, sagt Nadine Quedenfeld.

Ein weiterer Vorteil des eRechnungsworkflows besteht darin, dass anhand der digitalen Signaturen alle Arbeitsschritte personell und zeitlich nachvollzogen werden können, während Unterschriften per Hand sehr oft unleserlich sind. Gemeinsam mit einem Studenten der Hochschule Harz wurde eine Lösung zur Umsetzung der Signaturerfordernisse erarbeitet. Aufgrund der aktuell nicht zielführenden gesetzlichen Regelungen der Gemeindekassenverordnung des Landes Sachsen-Anhalt wurde beim Ministerium für Inneres und Sport eine Ausnahmegenehmigung erwirkt.

„Der eRechnungsworkflow ist ein kleiner Schritt auf dem Weg zur papierlosen Stadtverwaltung.“

  Bastian Heyer

Der größte Brocken werden Rechnungen für Bauprojekte, die unzählige Einzelpositionen enthalten. „Das wird das Meisterstück“, sagt Nadine Quedenfeld. Wie heißt es doch so schön: Das Beste kommt zum Schluss.

Autor: bek