60. Ausgabe, I. Quartal 2016

Modernisiertes Vergaberecht erweitert Spielräume

Der deutsche Gesetzgeber hat mit der Vergaberechtsmodernisierung 2016 die umfassendste Vergaberechtsreform seit der Verankerung des vergaberechtlichen Rechtsschutzregimes auf den Weg gebracht. Der Rechtsschutz wird erweitert auf Konzessionen oberhalb eines Schwellenwertes von rd. 5,2 Mio. € netto.

Die Vergaberechtsmodernisierung betrifft öffentliche Aufträge oberhalb der Schwellenwerte und besteht aus der Neufassung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) sowie aus der Mantelverordnung zur Modernisierung des Vergaberechtes, die die klassische Verordnung über die Vergabe öffentlicher Aufträge (VgV) enthält.

Mit der umfassenden Reform wird der Rechtsrahmen für die öffentliche Auftragsvergabe in Deutschland oberhalb der EU-Schwellenwerte umfassend reformiert, modernisiert, vereinfacht und anwenderfreundlicher gestaltet. Öffentliche Auftraggeber und Unternehmen sollen zukünftig mehr Flexibilität bei der Vergabe öffentlicher Aufträge erhalten. Durch die Reform werden drei neue EU-Richtlinien über die Vergabe von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen umgesetzt. Die bisher in der Vergabe- und Vertragsordnung für Lieferungen und Leistungen, 2. Abschnitt (EG VOL/A) enthaltenen Regelungen sind ebenso wie die Vergabeverordnung für freiberufliche Leistungen (VOF) in die VgV neuer Fassung integriert. Hinsichtlich der Vergabe von Bauaufträgen verbleibt es bei der bisherigen Struktur.

Nach wie vor komplex bleibt es unterhalb der Schwellenwerte. Hier gelten die Regelungen der VOL/A fort, ebenso die Landesregelungen, insbesondere das Landesvergabegesetz LVG-LSA.

Erstmals normiert sind die Voraussetzungen für Inhouse-Aufträge und öffentliche Kooperationen. Die Möglichkeit der Inhouse-Aufträge sind erheblich erweitert worden. Vorgesehen ist nun auch die Möglichkeit, dass Tochterunternehmen an Mutterunternehmen Aufträge unter bestimmten Voraussetzungen ohne vorherige Ausschreibung vergeben dürfen oder die der ausschreibungsfreien Auftragsvergabe zwischen Schwesterunternehmen im öffentlichen Bereich. Das neue Vergaberecht stärkt damit die Rechtssicherheit, wenngleich Unklarheiten über die Regelungen im Detail verbleiben, die die Rechtsprechung klarstellen muss.

Von wesentlicher Bedeutung für Vergabestellen ist verfahrenstechnisch die Verkürzung der Fristen, die Wahlfreiheit zwischen offenen und nicht offenen Verfahren oberhalb der Schwellenwerte sowie die Einführung der einheitlichen europäischen Eigenerklärung (EEE) als vorläufiger Nachweis der Eignung. Gestärkt und betont wurden auch die Gestaltungsmöglichkeiten für die Berücksichtigung von Umweltbelangen und von sozialen Kriterien.

Eingeführt wird die e-Vergabe, die spätestens ab 2018 umfassend einzuführen ist. Dadurch werden deutliche Einsparungen bei den Vergabeverfahren sowohl für die Wirtschaft als auch für Kommunen, Bund und Länder erwartet.

Abzuwarten bleibt, wie unterhalb der Schwellenwerte die Regelungen fortentwickelt werden.
   

Autor: Dr. Alexandra Losch

Unser Fazit

Die Vergaberechtsstruktur oberhalb der Schwellenwerte ist deutlich verschlankt, unterhalb der Schwellenwerte verbleibt es bei dem komplexen Regelwerk. Die Möglichkeiten der Kommunalen IT-UNION eG (KITU), ihre Mitgliedskommunen durch zentrale Ausschreibungen und Vergaben zu unterstützen, werden durch die neue Gesetzgebung bestätigt und gefestigt.