4. Ausgabe 2022 | Nr. 87

Digitalisierung gemeinsam gestalten

Digitalisierung ist sicher das am meisten verwendete Wort im Rahmen der aktuellen Verwaltungsmodernisierung und -entwicklung. Und es steckt so viel mehr in diesem einen Wort, als der Hinweis auf Umgang mit Technik und dem elektronischen Arbeiten. Zahlreiche Bereiche und Rahmenbedingungen gilt es zu bedenken. Akteure und Verantwortliche einer Organisation und deren externe Kontakte müssen miteinander das gleiche Ziel verfolgen, sich abstimmen und denselben Weg gehen wollen, um erfolgreich zu sein

Die Kommunalverwaltungen in Sachsen-Anhalt sind in der Vergangenheit in Sachen Digitalisierung nicht untätig gewesen und haben unter anderem mit Unterstützung der Kommunalen IT-UNION eG (KITU) viele Themen bereits intern und extern digitalisieren können. Als gute Beispiele sind hier die digitale Gremienarbeit, das Urkundenportal, die Einführung eines Dokumentenmanagementsystems, sowie viele Entwicklungsschritte in den Standardfachverfahren der Verwaltungen zu nennen. Jedoch fehlte bislang eine deutliche Unterstützung des Landes Sachsen-Anhalt in wichtigen Fragen der flächendeckenden Digitalisierung der kommunalen Verwaltungen in Form von Empfehlungen oder Vorgaben, bzw. Hilfe bei der Implementierungen und Standardisierung von Prozessen. In jeder Kommune gleichen sich die Pflichtaufgaben und oft ähneln sich auch die Prozesse bei der Bewältigung der freiwilligen Aufgaben. Jedoch ist durch die bisher überwiegend dezentrale Datenhaltung und IT-Betreuung die kommunale ITLandschaft in Sachsen-Anhalt äußerst heterogen.

Zuletzt wurde im Rahmen der Umsetzungsversuche des Onlinezugangsgesetzes (OZG) deutlich, wie sehr einheitliche Standards für Sachsen-Anhalt fehlen und vor welchen Herausforderungen die einzelne Kommune mit ihren doch oft sehr schmalen monetären und personellen Ressourcen steht. Aufgrund der fehlenden Standards oder Vorgaben haben sich über den freien Markt in den Kommunalverwaltungen unterschiedliche Lösungsansätze etabliert. Einer für Alle (EfA) Lösungen sind nicht so schnell wie ursprünglich gedacht verfügbar und für die Verbindung der unterschiedlichen Systeme fehlen oft die nötigen Schnittstellen zu den Fachverfahren. Zu Stilblüten entwickeln sich hier und da Pseudo-Digitalisierungsansätze über beschreibbare PDF-Dateien, deren Daten dann über E-Mail-Schnittstellen in den bisherigen händischen Prozess der Verwaltungsprozesse fließt. Diese Form einer OZG Umsetzung lag sicher nicht im Sinne des Gesetzgebers, als er mit der OZG Terminkette bis Ende 2022 die Ertüchtigung der Verwaltungen mit digitalen Prozessen für 575 Verwaltungsleistungen anschieben wollte. Aber es gibt auch positivere Beispiele. Im Allgemeinen kann man rezipieren, dass der OZG Umsetzungswille sowie die Pandemiebedingungen die Digitalisierungsbereitschaft in Kommunalverwaltungen erhöht haben. Der Fortgang der Digitalisierung wurde damit beschleunigt. So haben zahlreiche Kommunen Online-Terminvergaben, sowie bereits Dutzende kleiner Prozesse für den Bürger digitalisiert und somit den Zugang zur Verwaltung erleichtert. Eine kleine Zahl Kommunen hat sogar die Standard-Verwaltungsprozesse für den Bürgerkontakt digitalisiert und damit den OZG Ansatz auf eigene Faust mit einem eigenen Dienstleister umgesetzt. Aber ist die Gesetzesumsetzung in Eigenregie oder die kommunale Selbstverwaltung bei Bundesgesetzen im Vollzug über das Bundesland wirklich der Weisheit letzter Schluss?

Interkommunale Zusammenarbeit ist in vielen Bundesländern der Schlüssel zum Erfolg. In einer guten und koordinierten Zusammenarbeit von Dienstleistern, Land und Kommunen können Standards und gemeinsame Prozessansätze entstehen, die allen Beteiligten zugute kommen. In Sachsen-Anhalt hat es in der Vergangenheit viele kleine gute Ansätze und Pilotprojekte zur OZG Umsetzung gegeben. Es wurde genügend getestet und ausprobiert, sodass mit der bisherigen Erfahrung auf allen Ebenen in eine neue Phase der Zusammenarbeit gestartet werden kann. Mit Wirkung vom 1.11.2022 ist das Land Sachsen-Anhalt Mitglied der KITU geworden und hat damit nun erstmalig die Möglichkeit, seine personellen und monetären Ressourcen im Inhouse-Verhältnis bis auf die kommunale Ebene wirksam werden zu lassen. Gemeinsam, auf Augenhöhe und in Zusammenarbeit mit dem Landesdienstleister Dataport, können und werden wir die Digitalisierung der Kommunen voranbringen. Notwendigen Beschaffungen zum standardisierten Einsatz von Softwarelösungen, z. B. in Form eines Landesmandanten für ein einheitliches Antragsmanagement, steht nun nichts mehr im Wege.

Herzlich Willkommen Sachsen-Anhalt als 102. Mitglied in der KITU.

In der Pressemitteilung 501/2022 vom 1.11.2022 schreibt die Staatskanzlei:

Da Land und Kommunen jetzt auf Augenhöhe an einem Strang ziehen, kann die Verwaltungsdigitalisierung hierzulande deutlich beschleunigt werden.

Durch diese neue, verbindliche Struktur der Zusammenarbeit können Land und Kommunen auch deutlich wirtschaftlicher miteinander kooperieren... Beispielsweise müssten die einzelnen Vollzugsbehörden auf kommunaler Ebene erforderliche Entwicklungsleistungen nicht mehr aufwendig und zeitraubend ausschreiben, sondern seien nun in der Lage einfach auf bereits Vorhandenes zuzugreifen. Darunter fallen nach den Worten der Ministerin die Bereitstellung und der Betrieb von Basisinfrastruktur genauso wie der gemeinsame Einkauf von zentraler Software. Zentrale Servicekomponenten, wie zum Beispiel die Bürgerauskunft 115plus, werden künftig gemeinsam angeboten und weiterentwickelt.

Ganz unabhängig davon, ob oder wann die im Jahr 2017 festgelegte Umsetzungsfrist für das OZG ausläuft, sollte doch allen Beteiligten bewusst sein, dass es sich bei der Digitalisierung der Verwaltung um eine Daueraufgabe handelt, der wir uns gemeinsam stellen müssen, um sie erfolgreich und nachhaltig bewältigen zu können.