4. Ausgabe 2022 | Nr. 87

Ein modernisiertes Rechenzentrum für die Börde

Die Digitalisierung stellt öffentliche Verwaltungen vor enorme Herausforderungen. Insbesondere müssen verwaltungsinterne Strukturen und systemtechnische Voraussetzungen entwickelt werden, die zueinander passen.

hne eine zeitgemäße Datenverarbeitung ist eine effiziente
Verwaltung nicht machbar“,

betont Börde-Landrat Martin Stichnoth. Das Onlinezugangsgesetz (OZG) verpflichtet die öffentliche Hand, diverse Verwaltungsleistungen künftig auch digital anzubieten. Im Landkreis Börde arbeiten wir im Augenblick mit Hochdruck daran, analoge in digitale Prozesse zu überführen. Nicht zuletzt durch die Corona-Pandemie haben sich Arbeits- und Lebensweisen verändert. Homeoffice, Videokonferenzen oder mobile Kommunikation haben das Spektrum digitaler Anwendungen deutlich vergrößert. Und zur erfolgreichen Umsetzung gehört ein leistungsfähiges Rechenzentrum. Christoph Schmidt ist Amtsleiter für Informationstechnik und Digitalisierung. Wir wussten, dass die Kapazitäten unseres alten Rechenzentrums an die Belastungsgrenze gekommen sind. Und auch viele verfügbare Services externer Anbieter waren am Ende der Laufzeit, wodurch Hard- und Softwarekomponenten aus dem Support fielen. Die Digitalisierung von Dienstleistungen ist nach meiner Einschätzung eine ,Mammutaufgabe´, der wir uns stellen müssen. Davon betroffen sind alle Bereiche. Insbesondere müssen Organisations- und Ablaufprozesse der Stakeholder zusammengeführt werden. Das erfordert ein strukturiertes Arbeiten und eine passende Untersetzung mit Hard- und Software.

Auch sicherheitstechnische und gesetzgeberische Prozesse haben dazu geführt, dass wir unser bisheriges Rechenzentrum einem vollumfänglichen Upgrade unterzogen haben. Die Transformation analoger Prozesse in digitale Vorgänge tat ihr Übriges. Es ergibt keinen Sinn, wenn uns Antragsteller künftig digital erreichen können, ohne dass wir die Daten digital weiterverarbeiten können, sagt Schmidt. Der klassische Papierdruck wird zeitnah der Vergangenheit angehören. Zudem bedient das Rechenzentrum des Landkreises Börde nicht nur die Kernverwaltung. Auch 27 Schulen, die Kreisvolkshochschulen, die Kreismusikschulen, das Kreisund Stadtarchiv, die Museen und weitere Bereiche hängen am Rechenzentrum. Jede Einrichtung, jeder Bereich hat eigene Anforderungen an Hard- und Software, an die Dateiablage und die Performance. Anforderungen, die sich nicht im Handumdrehen umsetzen lassen.

Mit dem eingeleiteten Change-Prozess der kreislichen Informationstechnik wurde die Basis geschaffen, um diese Aufgabe anzugehen. Mit dem Bau der neuen Landkreisverwaltung in der Bornschen Straße in Haldensleben wurden 2017 rund 1.200 Ports im Rechenzentrum bedient. Heute sind das schon zwischen 8.000 und 10.000 Ports. Im weiteren Ausbau werden das künftig, wenn alle Schüler digital arbeiten, mit entsprechenden Tablets oder anderen Endgeräten ausgestattet sind, um die 15.000 Ports sein, beschreibt Christoph Schmidt das Wachstum des Rechenzentrums. Mittlerweile ist die Landkreis-IT nach ITIL aufgestellt. Das heißt, sämtliche Prozesse werden durch ein Ticketsystem digital untersetzt und sind nach Service-Leveln strukturiert. Mit dem neuen Rechenzentrum hat sich die Anmeldung der Beschäftigten im System verbessert. Schmidt erklärt: Sehr viele Angestellte arbeiten morgens schon ab 06:30 Uhr. Und wir wissen, dass es auch so früh eben zu keinen Engpässen kommt. Mitarbeiter können sich nahtlos anmelden, egal an welchem Standort oder Arbeitsplatz sie sich befinden. Egal, ob sie nun mobil in der Telearbeit sind oder ihre Arbeiten im Büro erledigen. Und wir haben durch Cloud-Services eine Flexibilität, die wir einsetzen, bestimmte Dinge an beliebigen Orten zur Verfügung zu stellen.

Ein Baustein bei dieser digitalen Reformation ist die EAkte. Ist die E-Akte als ,unternehmenskritische´ Software nicht verfügbar, dann haben wir natürlich ein großes Problem. Die Verwaltung kann dann nicht arbeiten. Und so brauchen wir Verfügbarkeiten und redundante Möglichkeiten, die jetzt als wesentlicher Bestandteil in unser neues Rechenzentrum eingeflossen sind. Konform mit dem Gütesiegel zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf können Beschäftigte ihre Arbeit eben auch von zu Hause erledigen. Und das deshalb, weil die Akten elektronisch über eine gesicherte Verbindung abrufbar sind. Damit einher geht die deutliche Erhöhung der Attraktivität des Landkreises Börde als Arbeitgeber. Norman Lehrmann, Sachbearbeiter für Core-Administration beim Landkreis Börde, fasst die Vorteile für die Betreuer des Systems zusammen: Wir Admins sind richtig froh über das neue Rechenzentrum. Wir können jetzt ruhig schlafen, denn es gibt keine Angst vor Datenverlusten, wir haben Performance und wir haben Redundanz. Allerdings ist das Rechenzentrum nur ein Baustein, den der Landkreis Börde erneuert hat. Auch bei der technischen Infrastruktur hat sich einiges getan. Die Möglichkeit zur mobilen Arbeit für alle, WLAN in allen Gebäuden des Landkreises, und dies mit der gleichen Konfiguration und Verfügbarkeit wie im Haupthaus in Haldensleben. Alles zusammen macht das ein viel besseres, performanteres und überall verfügbares Arbeiten für die Beschäftigten möglich, unterstreicht Lehrmann. Dazu trägt auch ein einheitliches zentrales Kommunikationssystem bei, das an allen Standorten sukzessive ausgebreitet und zentral aus dem Rechenzentrum das Thema Telefonie abdeckt. Ein Ende des Umbaus der IT sehen weder er noch Christoph Schmidt:

„Technik und Software entwickeln sich immer weiter. In ein paar Jahren wird auch unser heutiges Rechenzentrum wieder überholt sein. Es ist ein ständiger Anpassungs- und Veränderungsprozess.

Anforderungen verändern sich in kürzester Zeit, Optimierungsverfahren werden Dinge vereinfachen  frei nach Schmidts Motto Keep it simple, but safe (halte es einfach, aber sicher). Die Gerätschaften laufen ja 24 Stunden an sieben Tagen die Woche. Dementsprechend gibt es immer mal Ausfälle bei mechanischen Lüftern oder Systemen, die man tauschen kann. Meistens ist es aber so, dass man nach sechs Jahren so einen Zuwachs an Performance-Anforderungen und an Speicherkapazität hat, dass man sowieso über neue Dinge nachdenken muss, so Schmidt.

Bei solchen Mammutaufgaben wie der Umstellung eines solchen Rechenzentrums läuft nicht immer alles glatt. Umso mehr freuen sich Christoph Schmidt und Norman Lehrmann, dass es keine nennenswerten Stolpersteine während des gesamten Prozesses gab: Ich war selbst ein bisschen erstaunt und hatte den Landrat darauf vorbereitet, dass es zu Ausfallzeiten kommen kann. Dass der Ablauf des Projektes am Ende reibungslos verlief, war erfreulich. Immerhin wurde die Umstellung im laufenden Betrieb verwirklicht. Und unsere einzige echte Schwierigkeit war die Lieferzeit mancher Komponenten, die coronabedingt mit mehreren Wochen oder sogar Monaten Verzögerung kamen.

Einen Grund für die reibungslose Umsetzung sehen Schmidt und Lehrmann in der Zusammenarbeit mit der KITU. Unser Ansprechpartner Stefan Behrend hat das alles gemäß unserer Anforderungen in einem Test-Lab bei sich in der KITU aufgebaut, auf Herz und Nieren getestet, geprüft, vorkonfiguriert, uns dann gesagt, was wir an welcher Stelle tun und vorbereiten müssen. Behrend habe sich immer die Zeit genommen, er hat die nächsten Schritte anschaulich erklärt.

„Zuhören, verstehen, lösen – das hat mit der KITU und uns wirklich wunderbar funktioniert“,

sagt Schmidt. Statt eines reinen Unternehmens, das eine Dienstleistung verkauft, ist die KITU eben eine Genossenschaft, in der es nicht vorrangig darum geht, so viel Geld wie möglich zu verdienen, sondern den Kunden und Mitgliedern die besten Lösungen zu liefern. Und auch, wenn das Projekt einmal zu Ende sein wird, wissen wir, dass wir immer noch anrufen und mal eine Frage dazu stellen können, ergänzt Lehrmann.

Diese Zusammenarbeit schätzt auch Stefan Behrend von der KITU sehr. Ich bin wirklich froh und dankbar, dass ich diesen Aufbau des neuen Rechenzentrums mit diesem Team erleben durfte, sagt er. Der Draht zum Ansprechpartner sei immer ein ganz kurzer gewesen. Und: Das Gerüst für dieses System ist ordentlich und nachrüstbar, da hat der Landkreis Börde ordentlich mit angepackt. Selbst die Wartung läuft praktisch verzögerungsfrei und ohne Downtime, das macht das Arbeiten natürlich sowohl für den IT-Support als auch für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sehr viel einfacher. Die neue Technik und die jeweiligen Mitarbeitenden auf beiden Seiten haben dieses Projekt zu einem Erfolg gemacht. Jetzt könne der Landkreis Börde mit einem redundant ganzheitlichen System arbeiten, in hervorragender Struktur und mit großer Nachhaltigkeit. Der Landkreis hat sich komplett richtig aufgestellt  mit eigener Infrastruktur und passender Strategie hat einfach alles gepasst. Wir haben immer Hand in Hand auf Augenhöhe gearbeitet und dieses Rechenzentrum mit Leben füllen dürfen. Daraus ist auch ein Stück weit Freundschaft geworden, dieses Projekt hat uns wirklich zusammengeschweißt, schätzt Behrend ein.

Ariane Amann