63. Ausgabe, 4. Quartal

Modernisierung im Vergaberecht macht Vergaben auch nicht einfacher

Kaum etwas ist komplizierter als das deutsche Vergaberecht. Wer einen öffentlichen Auftrag vergeben muss, hat dutzende Fallstricke zu beachten, in denen man sich allzu schnell verheddern kann. EU-, Bundes- und Landesrichtlinien schaffen ein geradezu verwirrendes Paket, für das es echte Profis braucht, damit es überhaupt noch vorwärts geht. Nicht umsonst ist für viele Kommunen eines der wichtigsten Beitrittsmotive in die Kommunale IT-Union eG die Verlagerung der Ausschreibungspflichten auf die KITU.

Denn wenn ein Mitglied über seine IT-Genossenschaft Soft- oder Hardware bestellt, ist das komplizierte Vergaberechts-Prozedere vom Dienstleister KID schon durchgeführt worden. Niemand muss für eine Neuanschaffung ein kompliziertes und vor allem langfristiges Vergabeverfahren anstrengen.

Dr. Alexandra Losch
Dr. Alexandra Losch, Fachanwältin für Verwaltungs-, Bau- und Architektenrecht | Schindhelm Rechtsanwaltsgesellschaft mbH

Dennoch ist es gut zu wissen, welche Änderungen die jüngste Vergaberechtsmodernisierung mit sich gebracht hat. Eine deutliche Vereinfachung des Verfahrens jedenfalls nicht, wie Dr. Alexandra Losch, Fachanwältin für Vergaberecht sowie für Verwaltungs-, Bau- und Architektenrecht, langjährige Beraterin der KID und Geburtshelferin der KITU, sagt: „Zwar gibt es kürzere Fristen und die Möglichkeit der elektronischen Durchführung der Vergabeverfahren, dafür sind viele Normen modifiziert und neue hinzugekommen, die nunmehr zu beachten sind.“

Für alle Vergaben, die oberhalb der sog. EU-Schwellenwerte (209 T€ netto) ab dem 18. April 2016 erfolgen, bzw. für alle Verträge, die nach diesem Stichtag verändert worden sind,  greift das Vergaberechtsmodernisierungsgesetz. Ziel der Modernisierung, so Fachanwältin Losch, ist die Umsetzung des Unionsrechts. Geplant ist darüber hinaus eine Vereinheitlichung des Verfahrensrechts von Bund und Ländern. Dr. Losch präsentierte wichtige Neuerungen und gab einen Ausblick auf künftige Neuregelungen unterhalb der Schwellenwerte. Wichtig ist auch, die aktuelle Rechtsprechung zu beachten. Danach muss die Vergabestelle regelmäßig anhören, ehe sie einen Bieter ausschließt.

Eine wichtige Neuerung, die unbedingt zu beachten ist, sei die Einführung der Europäischen Eigenerklärung, kurz EEE genannt. Das Papier hat inklusive Anleitung 17 Seiten und soll für alle  Fälle gelten, egal, ob es sich bei der Ausschreibung um die Elbphilharmonie handelt oder um Straßenlaternen. Dr. Losch gab konkrete Tipps zur Umsetzung: „Es reicht, wenn die Vergabestelle klarstellt, dass sie die EEE akzeptiert. Sie müssen sie als Vergabestelle aber nicht fordern.“

Dies sieht bei der Statistikverordnung anders aus. Alle Vergaben ab 25.000 Euro netto müssen zwingend an das Bundeswirtschaftsministerium zu statistischen Zwecken gemeldet werden.

Die beste Nachricht hob sich die Juristin in ihrem Vortrag auf dem jüngsten KITU-TAG in Magdeburg bis zum Schluss auf: „Wie bisher kann die KID im Auftrag der KITU für alle Genossenschaftsmitglieder Ausschreibungen durchführen und die Genossenschaftsmitglieder von dem Ausschreibungsdschungel entlasten.“    

Autor: juj