76. Ausgabe, 1. Quartal 2020

An einer Tabakpflanze entdeckte der deutsche Forscher Adolf Mayer 1883 die Viren

Mysteriös, hochansteckend, gefährlich

Die Welt hält den Atem an: Ein Virus verunsichert die Menschen. Corona zieht um die Welt, ungebremst und scheinbar völlig überraschend. Fest steht nur – für manche Menschen bringt das Virus den Tod. Doch was sind Viren eigentlich? Lebewesen, Bakterien, Pflanzen, Tiere? Wir erzählen die Geschichte der Viren.

Jahrtausende lebten die Menschen ohne je etwas von Viren gehört zu haben. Viren gehören zu den wissenschaftlichen Durchbrüchen unserer Tage, denn erst 1883 entdeckte der deutsche Forscher Adolf Mayer Viren. Allerdings wusste der auch nicht, was er da auf seiner Tabakpflanze sah. Mayer, der Wissenschaftler, war zunächst nur fasziniert von dieser mysteriösen Krankheit, unter der seine Tabakpflanzen litten.

An Viren vergeudete er keinen Gedanken, für ihn war klar, dass Bakterien verantwortlich sein mussten, die dieses seltsame Mosaikmuster auf den Blättern hervorbrachten. Verblüfft beobachtet Adolf Mayer die Folgen seiner Experimente. So träufelt er ein paar Spritzer Zellsaft der kranken Pflanzen auf gesunde und nur kurze Zeit später weisen auch diese die Symptome auf. Für Mayer ist klar, dass die Krankheit ansteckend sein muss.

Das Mosaikmuster auf den Blättern aber ist nur das eine, das viel verblüffendere ist, dass die erkrankten Exemplare recht bald einen gestauchten Wuchs aufweisen. Mayer stutzt, als er unter dem Lichtmikroskop keine Bakterien ausmachen kann. Er glaubt zunächst, dass die Krankheitsüberträger noch kleiner sein müssen als die Bakterien, die er kennt. Da er mit seinen Forschungen in der Sackgasse landet, legt er sie zu den Akten. Erst 14 Jahre später besprüht wieder ein Wissenschaftler, ein gewisser Martinus Beijerinck aus den Niederlanden, eine gesunde Pflanze mit dem Zellsaft infizierter Exemplare. Er geht einen Schritt weiter als Meyer und untersucht auch den Zellsaft der besprühten Pflanze. Und siehe da: Auch sie ist infektiös.

Er besprüht nun Pflanze für Pflanze, eine schier unendliche Reihe entsteht. Doch die erwartete Wirkung, dass der Erreger wie ein Gift schwächer wird, will einfach nicht eintreten. Dieser hier reproduziert sich, ohne an Wirkung zu verlieren. Und mehr: Beijerinck findet heraus, dass sich die krankheitsauslösende Substanz nur innerhalb von Organismen reproduzieren kann. Das, was Bakterien perfekt können, nämlich sich in Petrischale oder Reagenzglas selbst zu reproduzieren, bekommt diese Substanz einfach nicht hin. Noch etwas bereitet Beijerinck Kopfzerbrechen: Die meisten Bakterien lassen sich mit Alkohol bekämpfen – dieser unbekannte Stoff aber nicht. Beijerinck findet Zeit seines Lebens keine Antwort auf seine Fragen.

Die liefert – nach mehr als 50 Jahren – der US-Amerikaner Wendell M. Stanley. 1935 gelingt es ihm, das infektiöse Partikel zu isolieren. Nach zahllosen Versuchsreihen enthält sein Extrakt aus Tabakpflanzen feinste Kristallnadeln, die unter dem Lichtmikroskop gerade noch sichtbar sind. Die winzigen Nadeln lassen keine Stoffwechselaktivität erkennen und doch bleiben sie hochinfektiös. Stanley benutzt für seine Entdeckung das lateinische Wort für Gift: „Virus“. Noch weiß er nicht, dass jede Nadel aus einer großen Anzahl von Viren besteht.
Mit der Entwicklung des Elektronenmikroskops (1940) ist es möglich, weitere Viren zu erkennen und zu erforschen. Dafür wird Stanley 1946 der Chemie-Nobelpreis verliehen und Mayers Tabakmosaikvirus geht in die Geschichte ein.

Bis heute erforschen internationale Teams gemeinsam Viren, denn wie wir jetzt wieder am Coronavirus erkennen, kennen sie keine Grenzen.

Autor: juj

Viele häufige Infektionskrankheiten werden von Viren verursacht. Viren befallen die Zellen von Lebewesen und nutzen diese als Wirt, um sich darin zu vermehren und neue Viren zu produzieren. Meistens zerstören sie die Zellen dabei, und wenn dies in unserem Körper geschieht, kann es zu langfristigen Schäden kommen. Für die Viren spielt dies keine Rolle, so lange sie rechtzeitig den nächsten Wirt infizieren können, um ihr eigenes Überleben zu sichern.

Viren sind kleine infektiöse Partikel. Sie gehören im Gegensatz zu Bakterien, Pflanzen oder Tieren nicht zu den Lebewesen, da sie keinen Stoffwechsel betreiben und nicht ohne die Hilfe einer fremden Zelle zur Fortpflanzung fähig sind.