
73. Ausgabe, 2. Quartal 2019
Warum zucken die Froschschenkel, wenn’s blitzt?
Ohne den heftigen Streit zwischen Luigi Galvani und Alessandro Volta gäbe es heute weder Handy noch E-Auto
Ein Arzt, der in einem Frosch „tierische“ Elektrizität entdeckt haben will und ein misstrauischer Physiker – das ist das Gespann, das uns die Erfindung der Batterie bescherte. Luigo Galvani (1737-1798) und Alessandro Volta (1745-1827) sind so etwas wie die Pioniere unseres Fortschritts mit Handys und E-Auto. Wir erzählen ihre Geschichte.

Die Geschichte der Batterie beginnt mit einem Irrtum und einem Zufall. Man schreibt den 6. November 1780, als Luigi Galvani in seiner Freizeit mal wieder mit seinen Fröschen herumexperimentiert. Das tut er schon lange und oft, doch an diesem Tag zucken wie von Geisterhand die Froschschenkel plötzlich, obwohl das Tier schon lange tot ist. Ob das etwas mit der Messerklinge zu tun hat, mit der er den Frosch gerade sezierte? Oder mit den Gewitterblitzen, die am Horizont niedergehen? Vielleicht sogar mit beidem?
Galvani ist wie elektrisiert und lässt nicht locker. Er ist bald fest davon überzeugt, dass die Blitze dafür verantwortlich sind. So führt er einen isoliert befestigten Draht vom First des Hauses in den Garten an einen Froschschenkel. Ein zweiter Draht führt von diesem in einen Brunnen. So oft nun bei einem Gewitter in der Nähe ein Blitz aufzuckt, gerät der Froschschenkel in Bewegung und zwar, bevor das zugehörige Donnern zu hören ist. Bald braucht es keine Blitze mehr, denn immer dann, wenn die Schenkel mit Kupfer und Eisen in Berührung kommen, zucken die Muskel. Galvani hat also unwissentlich einen Stromkreis hergestellt, bestehend aus zwei verschiedenen Metallen, einem Elektrolyten („Salzwasser“ im Froschschenkel) und einem „Stromanzeiger“ (Muskel). Galvani vermutet, dass im Gewebe „tierische“ Elektrizität gespeichert ist. Er denkt, was er sieht: Sobald diese durch einen Draht abfließt, bewegten sich die Beine.
1791 veröffentlicht er seine Erkenntnisse in der „Abhandlung über die Kräfte der Electricität bei der Muskelbewegung“ und sorgt unter Wissenschaftlern für Erstaunen.
Doch einer misstraut Galvanis schrägen Thesen: Alessandro Volta, ebenfalls Italiener, Physiklehrer, Forscher und Erfinder. Der liest 1792 die Abhandlung und stutzt: Die Schenkel können nie und nimmer Quelle der Elektrizität sein, sondern die Metalle. Werden sie mit dem Schenkel verbunden, fließt Strom von einem Metall in das Froschgewebe und anschließend in das andere Metall. Jetzt will Volta den Beweis erbringen. Er schichtet Ende des Jahres 1799 abwechselnd dünne Kupferplatten, in Salzwasser
getränkte Pappstücke und Zinkplatten übereinander, bis ein Turm entstanden ist – die „Volta’sche Säule“. Sobald der Forscher die Enden der Säule mit seinen angefeuchteten Fingern berührt, durchzucken ihn leichte Stromschläge.
Der Streit der beiden geht als „Streit um den Galvanismus“ in die Geschichtsbücher ein. Damals teilt er die Wissenschaftler in ganz Europa unerbittlich in zwei Lager. Wikipedia umschreibt das sehr schön: „Galvani hielt den Froschschenkel für einen Kondensator, Volta nur für ein Anzeigeinstrument.“
Voller Stolz schildert Volta seine Erfindung in einem berühmt gewordenen Brief Sir Joseph Banks von der Royal Society. Darin beschreibt er im Grunde einen Gegenstand, den wir heute alle kennen und zu schätzen gelernt haben: die erste Batterie der Welt.
Diese Erfindung ist der Grundstein für viele hundert Wissenschaftler im folgenden Jahrhundert, ermöglicht sie ihnen doch die weitere Erforschung der magnetischen Eigenschaften elektrischer Ströme und die Anwendung der Elektrizität in der Chemie. Denn Tatsache ist: Das Prinzip der Batterie erkennen Forscher erst im 19. Jahrhundert: Zink- und Kupferatome lösen sich im Salzwasser. Dabei werden elektrische Ladungsträger (Elektronen) in den Metallplättchen frei. Zink löst sich stärker als Kupfer. Daher entsteht in den Zinkplättchen ein größerer Elektronenüberschuss als im Kupfer. Werden das obere und untere Ende von Voltas Säule mit einem Leiter – etwa einem Draht – verbunden, wandern die überzähligen Elektronen vom Zink zum Kupfer: Es fließt Strom. Die Erfindung der Batterie markiert den Beginn der Elektrotechnik. Noch heute kommen Nachfolger der Volta’schen Säule milliardenfach zum Einsatz – etwa in Fernbedienungen oder Autos.
Bereits zu Lebzeiten wird Volta hoch verehrt. Seinen Durchbruch zum Ruhm verdankt er Napoleon, dem er 1801 in Paris seine Batterie vorführt. Ein Jahr später erhält er nicht nur die Ehrenmedaille in Gold vom „Institut de France“, sondern eine lebenslange Pension von Napoleon. Doch erst 50 Jahre nach seinem Tod 1827 in Como erhält Volta die höchste Auszeichnung, die ein Physiker bekommen kann: Seit 1897 ist Volt die Maßeinheit für die elektrische Spannung.
juj